Plan der Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg (1892). Creator: Archiv. Creative Commons License LogoThis image is licensed under Creative Commons License.

Symposium

Friday, 15. March 2019 – Saturday, 16. March 2019 Save in my calendar

Symposium

Verfolgung – Ausgrenzung – Verwahrung

Die ehemalige städtische Arbeitsanstalt von 1892 bis heute

Die von einer Mauer umgebenen roten Klinkerbauten in der Riebeckstraße 63 sind beim Vorbeifahren leicht zu übersehen. Betrachtet man die Straßenfront jedoch näher, fällt das Georgsrelief über dem Eingang auf. Der Schutzpatron der Hospitäler und Siechenhäuser gibt einen Hinweis auf die Geschichte des Geländes, denn hier wurde auf insgesamt 28.000 m2 im Jahr 1892 die »Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg errichtet«, die zur Unterbringung und »sittlichen Besserung arbeitsscheuer, trunksüchtiger und liederlicher Armer « diente. Während der NS-Zeit war die städtische Arbeitsanstalt als kommunaler Akteur an der Verwahrung und Verfolgung von als asozial stigmatisierten Gruppen beteiligt. Zudem diente das
Gelände als Sammelstelle für Juden, Sinti und Roma, die von hier in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden, sowie als zentrale Verteilerstelle von NS-Zwangsarbeit. Auch in der DDR wurde das Gebäude und seine bauliche Infrastruktur genutzt. Z.B. befand sich hier eine Venerologische Station, in der Mädchen und Frauen über Wochen zwangsweise auf Geschlechtskrankheiten untersucht wurden. Im Hinblick auf die über ein Jahrhundert reichende Nutzung der Riebeckstraße 63 erscheint dieser Ort beispielhaft für eine »totale Institution« (Erwing Goffmann). Welche Kontinuitäten und Brüche in der Geschichte erkennbar werden, wie Ausgrenzung und Stigmatisierung in den jeweiligen politischen Systemen und Ideologien verhandelt und praktiziert wurden, ist daher eine der Hauptfragen, die während des Symposiums erörtert werden sollen. Das Rahmenprogramm bildet eine Ortsbegehung und eine Ausstellung zur Städtischen Arbeitsanstalt. Sie machen darauf aufmerksam, dass bislang am historischen Ort das Leid der Menschen, die verfolgt,
ausgegrenzt, verwahrt wurden, unsichtbar bleibt. Ziel des mehrtägigen Programms ist es, den Forschungsstand zur ehemaligen Arbeitsanstalt in seiner Breite zu diskutieren und einen Austausch zwischen Forschenden und Interessierten über die zukünftige Nutzung und Erinnerungsgestaltung der Riebeckstraße 63 anzuregen.

VERANSTALTUNGSORT SYMPOSIUM: Strietzsaal, Stötteritzer Str. 26, 04317 Leipzig

ORTSBEGEHUNG/AUSSTELLUNG: Riebeckstraße 63, 04317 Leipzig

Das ausführliche Programm: https://www.hsozkult.de/event/id/termine-39204