- Dienstag, 10. September 2013 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Rio de Janeiro’s Favelas und die sozialen Proteste vom Sommer 2013
Rio de Janeiro, ist eine Stadt radikaler sozialer Ungleichheit. Die Bilder der schillernden Metropole am Zuckerhut, von brasilianischen Karneval und Copacabana stehen im Kontrast zu den Lebensrealitäten jener 3 bis 4 Millionen Cariocas (wie die Bewohner_innen Rios in Brasilien genannt werden), die in den rund 1000 Favelas, den Armutsbezirken der Stadt, leben. Die Favelas sind Orte mit unsicheren Wohn- und Aufenthaltsrechten und werden durch die Medien oft als Hort von Krankheit, Elend und Armut transportiert, in denen Gewalt und Kriminalität an der Tagesordnung ist. In Vorbereitung der Megaevents WM (2014) und Olympia (2016) will sich Rio jedoch herausputzen, um sich positiv im internationalen Wettbewerb der Städte zu positionieren und potentielle Investor_innen und Ferntourist_innen nicht zu verschrecken. Im Zuge dessen kommt eine Reihe von repressiven stadtpolitischen Strategien zum Einsatz – von Zwangsräumungen in Favelas bis hin zu ordnungspolitischen Maßnahmen gegen Aktivist_innen. Sie richten sich vor allem gegen arme Bewohner_innen und erinnern an ähnliche Prozesse zu den Olympischen Spielen in Peking 2008. Gleichzeitig wird die Favela als Wohn- und touristischer Ort in Folge der polizeilichen „Befriedung“ sowohl für internationale Tourist_innen, als auch Angehörige der Mittelschicht als kostengünstigere Alternative zum überteuerten n Wohnraum der Südzone attraktiv
Seit Juni 2013 ist es in vielen Städten Brasiliens zu einer Welle sozialer Proteste gekommen. In Rio waren die Proteste besonders stark und vor allem die Favelas waren ein Brennpunkt der Ausschreitungen, bei denen auch Menschen ums Leben kamen. Trotz ihrer Bedeutung für die Debatte um die Zukunft Rio de Janeiros haben es die jüngsten Proteste bisher allerdings nur marginal in die internationalen Medien geschafft. Lokale Perspektiven stehen selten im Fokus der Öffentlichkeit.
Vor dem Hintergrund, dass soziale Proteste in Bezug auf stadtpolitisch relevante Themen auch in Berlin das Bild der Stadt an vielen Orten prägen, wollen wir einen Blick nach Rio de Janeiro werfen und die aktuellen Ereignisse anhand kritischer Impulse aus aktivistischer Praxis und aktueller Stadtforschung von Innen und Außen diskutieren.
Referent_innen:
Eddu Grau (Musiker und Aktivist) und Ellen Sluis (Wissenschaftlerin im Bereich Neue Medien und Conflict Studies) berichten über ein Hausprojekt in Complexo do Alemão (Rio de Janeiro) und die lokale Protestbewegung.
Dr. Fabian Frenzel (Politikwissenschaftler, Universität Potsdam) diskutiert die Gentrifizierungstendenzen in den Favelas der Suedzone und die Rolle des internationalen Tourismus als spezifisches Beispiel einer Stadtentwicklungspolitik des Art of Rent (nach David Harvey).
Luise Meyer (Universität Bonn) schreibt ihre Diplomarbeit zur städtischen Entwicklungspolitik in der ersten Favela Rio de Janeiros und beschäftigt sich mit den Aufwertungsstrategien der Stadtverwaltung im Rahmen der sportlichen Großevents.
Moderation: Kritische Geographie Berlin e.V.
- Veranstalter*in
- Landesstiftung Berlin (Bildungswerk)