- Montag, 16. April 2012 18.00 – 20.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Ägyptens mühsamer Weg zur Demokratie
Ein Jahr Frühling?
Ägypten 2012 - Ein Jahr nach dem politschen Frühling ist die Euphorie verflogen. Zahlreiche Bilder der Gewaltanwendung seitens der Polizei- und der Militärkräfte gegen Demonstrierende nach dem Sturz des alten Regimes erinnern an die ersten Tage der Revolution vor gut einem Jahr. Viele Aktivistinnen und Aktivisten sitzen wieder im Gefängnis, wobei ihre Kollegen, Freunde und Familien verfolgt bzw. bedroht werden.
Die Gewalt der Polizei, die Hoffnungslosigkeit angesichts des undemokratischen Handelns der Regierung und das suspekte Verhalten des gewählten Parlaments sowie des Militärrates sorgen für Empörung und Enttäuschung unter den Ägypter_innen. Die erhöhte Kriminalitätsrate durch kalkulierte Zurückhaltung der Polizei, immer wieder auftretende Krisen bei der Versorgung mit Lebensmitteln und essentiellen Gütern wie Gas und Benzin sowie Berichte über eine angebliche Einmischungen von ausländischen Einrichtungen werden augenscheinlich instrumentalisiert, um die Bevölkerung zu verunsichern und auf ihre Meinungsbildung hinsichtlich der Revolution und der Zukunft des Landes Einfluss zu nehmen. Im Hintergrund steht das Ringen der verschiedenen Militär-, Polizei- und Geheimdienstabteilungen um ihren zukünftigen Anteil an der Macht. Von dort, heißt es, wurden immer wieder Schlägertrupps gegen Demonstranten losgeschickt. Sie setzten auf eine Strategie des Chaos, damit sich die Ägypter nach der starken Hand Mubaraks zurücksehnen. Die alte Elite, also der Oberste Militärrat, werde allerdings bald abtreten, meint Joachim Paul, der zuletzt Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah war. Seinen Mitgliedern gehe es nur noch darum, Straffreiheit durchzusetzen und ihre privaten Vermögen behalten zu dürfen.
Zehntausende versammelten sich im März an mehreren Treffpunkten und zogen dann zum Tahrir-Platz. Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit - das waren die Forderungen der Revolution. Was ist daraus geworden? Stimmt die Einschätzung der Demonstrierenden des Frühjahrs 2012, dass sich gar nichts geändert hat? Welche Faktoren spielen bei der Herausforderung der Demokratisierung des Landes eine Rolle? Der Zeitplan bis zur ersten Runde der Präsidentenwahl am 23. und 24. Mai lässt nur wenig Zeit zur Ausarbeitung detailierter Programme und zur Austarierung von Machtverhältnissen. Gleichzeitig sind weiterhin selbst die Grundzüge der neuen politischen Struktur umstritten, etwa, wer genau die neue Verfassung ausarbeiten solle. Wie wird sich das Verhältnis der Muslimbrüder zu den Streitkräften entwickeln und wie stark wird die zivile demokratische Kontrolle über den Sicherheitsapparat sein?
Unsere beiden Gäste haben sich zuletzt im März 2012 für längere Zeit in Kairo aufgehalten und berichten von ihren Begegnungen, Gesprächen und Erfahrungen.
Prof. Dr. Omar Kamil hat die Ben-Gurion-Gastprofessur an der Universität Heidelberg inne und ist Politologe am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Sein Forschungsschwerpunkt umfasst die Kultur- und Ideengeschichte des Vorderen und Nahen Osten.
Walid Abd El Gawad promoviert an der Uni Leipzig.
Die Gewalt der Polizei, die Hoffnungslosigkeit angesichts des undemokratischen Handelns der Regierung und das suspekte Verhalten des gewählten Parlaments sowie des Militärrates sorgen für Empörung und Enttäuschung unter den Ägypter_innen. Die erhöhte Kriminalitätsrate durch kalkulierte Zurückhaltung der Polizei, immer wieder auftretende Krisen bei der Versorgung mit Lebensmitteln und essentiellen Gütern wie Gas und Benzin sowie Berichte über eine angebliche Einmischungen von ausländischen Einrichtungen werden augenscheinlich instrumentalisiert, um die Bevölkerung zu verunsichern und auf ihre Meinungsbildung hinsichtlich der Revolution und der Zukunft des Landes Einfluss zu nehmen. Im Hintergrund steht das Ringen der verschiedenen Militär-, Polizei- und Geheimdienstabteilungen um ihren zukünftigen Anteil an der Macht. Von dort, heißt es, wurden immer wieder Schlägertrupps gegen Demonstranten losgeschickt. Sie setzten auf eine Strategie des Chaos, damit sich die Ägypter nach der starken Hand Mubaraks zurücksehnen. Die alte Elite, also der Oberste Militärrat, werde allerdings bald abtreten, meint Joachim Paul, der zuletzt Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah war. Seinen Mitgliedern gehe es nur noch darum, Straffreiheit durchzusetzen und ihre privaten Vermögen behalten zu dürfen.
Zehntausende versammelten sich im März an mehreren Treffpunkten und zogen dann zum Tahrir-Platz. Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit - das waren die Forderungen der Revolution. Was ist daraus geworden? Stimmt die Einschätzung der Demonstrierenden des Frühjahrs 2012, dass sich gar nichts geändert hat? Welche Faktoren spielen bei der Herausforderung der Demokratisierung des Landes eine Rolle? Der Zeitplan bis zur ersten Runde der Präsidentenwahl am 23. und 24. Mai lässt nur wenig Zeit zur Ausarbeitung detailierter Programme und zur Austarierung von Machtverhältnissen. Gleichzeitig sind weiterhin selbst die Grundzüge der neuen politischen Struktur umstritten, etwa, wer genau die neue Verfassung ausarbeiten solle. Wie wird sich das Verhältnis der Muslimbrüder zu den Streitkräften entwickeln und wie stark wird die zivile demokratische Kontrolle über den Sicherheitsapparat sein?
Unsere beiden Gäste haben sich zuletzt im März 2012 für längere Zeit in Kairo aufgehalten und berichten von ihren Begegnungen, Gesprächen und Erfahrungen.
Prof. Dr. Omar Kamil hat die Ben-Gurion-Gastprofessur an der Universität Heidelberg inne und ist Politologe am Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Sein Forschungsschwerpunkt umfasst die Kultur- und Ideengeschichte des Vorderen und Nahen Osten.
Walid Abd El Gawad promoviert an der Uni Leipzig.