Diskussionsabend

Dienstag, 09. September 2014 20.00 – 22.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Diskussionsabend

- Ausfall wegen Krankheit!! - Beschleunigungen und Entfremdungen

Reihe "Das Unbehagen in der Kultur des Spätkapitalismus

Die "Modern Times" von Charlie Chaplin wirken heute recht gemütlich, wo alles noch viel schneller produziert, zirkuliert, transformiert, konsumiert und dann wieder vergessen wird. Denn im Zentrum von Chaplins Moderne steht allein die Fabrik. Hartmut Rosa hat mit seiner jüngsten Studie ("Beschleunigung und Entfremdung") eine Kritische Theorie spätmoderner Zeitlichkeit vorgelegt, die von Einzelbeobachtungen ausgeht, aber darüber hinaus einen neuen, für unsere Jetzt-Zeit charakteristischen Zeitmodus analysiert. "Entfremdung" - also eine frühmarxistische Kategorie - ist nicht allein in arbeitsweltlichen Zusammenhängen zu beobachten, sondern mehr und mehr in allen alltäglichen Vollzügen unseres Lebens. Die Thesen des Buches, die für eine Politik der Entschleunigung bedeutsam sind, werden vorgestellt und unter Einbeziehung von Erfahrungen der Gäste diskutiert.

 

Vortrag und Diskussion mit Dr. Wolfgang Lenk

 

Die Veranstaltung ist kostenfrei.
Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Infos im Bildungswerk: Birgit Guth, guth@bildungswerk-boell.de

 

Die Veranstaltung wird realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.

 

Was will die Reihe "Das Unbehagen in der Kultur des Spätkapitalismus"?
 
 
Sigmund Freud führte das Unbehagen in der Kultur auf einen anthropologischen Konflikt zwischen den menschlichen Triebstrukturen und den Verhaltenszumutungen sozialer Ordnungen zurück. Doch sein berühmtes Buch, das 1930 erschien, war auch ein Dokument der genauen Beobachtung seiner Zeit. Im damaligen Europa zeichneten sich bereits deutlich die Gefahren von Krieg, weiteren Diktaturen und folgebereiten, nach Autorität und Unterwerfung dürstenden Massen ab. Ist unsere heutige Situation davon gänzlich oder zum Teil unterschieden? Und wenn ja: wie?
 
 
Freud hat drei Quellen des Leidens unterschieden, aus denen dem menschlichen Lustprinzip durch die jeweilige Kultur (im weiteren Sinne von Zivilisation und Herrschaft) Einschränkungen drohen: 1. der eigene Körper, der von Alterung und Krankheiten geschwächt wird, 2. die „Außenwelt“ der Gesellschaftsordnung, einschließlich Ökonomie, Politik und Krieg, 3. die Beziehungen zu anderen Menschen (im weiteren Sinne von Privatheit und Vergemeinschaftung). Freud begreift die Krise einer „Kultur“ als historische Konstellation, in der die Sublimierungen, von der jede Kultur lebt, nicht ausreichend reproduziert werden. Feindbilder und Aggressionen werden dann manifest.
 
 
Sicher haben die von Freud theoretisch entwickelten Spannungen zwischen menschlichem Begehren, Selbstbildern und sozialen Ordnungen heute eine veränderte historische Gestalt angenommen - und sie werden im Rahmen des philosophischen und humanwissenschaftlichen Diskurses inzwischen auch mit sehr unterschiedlichen – ja konkurrierenden - Theoriekonzepten beschrieben.
Die Vortragsreihe geht zwar von Freuds Erkenntnismotiv aus (woher speist sich das Unbehagen in der Kultur?), wendet sich aber klugen und wichtigen Positionen im gegenwärtigen Diskurs zu, und greift das gewachsene Aufklärungsinteresse auf, das in der Gesellschaft existiert.
 
 
So geht es bei der Veranstaltung im Kern um die Vermittlung von solidem Wissen zu relevanten Diagnosen unserer Zeit in der Form von einführenden Vorträgen mit anschließender Diskussion.
Dabei geht es nicht vorrangig um das ökonomisch Offensichtliche, sondern um das kulturdiagnostisch weniger Deutliche: Strukturen und Lebenswelten unserer „Kultur“, die u.a. mit sozial geprägten Emotionen, demokratischen Werten, ausdifferenzierten Lebensformen verknüpft sind.
 
 
Die gegenwärtige kulturelle Symptomatologie des Spätkapitalismus bietet eine Menge Rohstoff für die drei Freudschen Quellen des Unbehagens und deren öffentlicher Diskursivierung in unserer Zeit. Medienkulturen erzeugen täglich neue Bilder und Konzepte des Körpers, der Gesellschaft und unserer Lebensformen.
Adresse
Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung
Olivaer Platz 16
10707 Berlin
Veranstalter*in
Landesstiftung Berlin (Bildungswerk)