Gespräch

Dienstag, 23. Juni 2020 18.00 – 19.30 Uhr In meinem Kalender speichern

Gespräch

Böll Global 2: Türkei, Libanon und Marokko im Fokus

Online-Gespräch zu Folgen und Umgang mit der Pandemie

Das Virus hat mittlerweile alle Regionen der Welt erreicht: Überall ergreifen Regierungen und Gesellschaften –teilweise sehr unterschiedliche- Maßnahmen, die Pandemie einzudämmen. Dabei trifft diese neue, in ihren Dimensionen bisher einzigartige Herausforderung auf existierende, sich weiter zuspitzende Krisen wie die Klima- und Finanzkrise, grundlegende strukturelle Probleme sowie sich konsolidierende und neu konfigurierende Machtgefüge. Dimension und Dringlichkeit der Pandemie zwingen dabei Institutionen weltweit dazu, neue Ansätze in der Krisenbewältigung zu denken, während Gesellschaften zugleich mit Solidarität und Kreativität eigene Wege zum Umgang mit den Folgen suchen.

Wir wollen darüber reden, was in der Welt passiert: Mit der neuen Online-Seminar-Reihe „Böll Global“ streifen wir einmal um den Globus – vom südlichen Südamerika bis nach Myanmar – um zu berichten und zu analysieren, wie die Welt die Pandemie erlebt, darauf reagiert und sich durch ihre Auswirkungen verändert: Wie Regierungen, Gesellschaften und zivilgesellschaftliche Akteur/innen auf der ganzen Welt damit umgehen. Welche Herausforderungen sich stellen, welche lokalen und globalen Krisen aufeinandertreffen – alte und neue. Von Care und Homeoffice, über ökonomische Hilfspakete, Verschuldungsdebatten und regionale Kooperation bis hin zu neuen Wegen, wie Menschen miteinander solidarisch sind, kreativ werden und versuchen, die Krise zu meistern.

Einmal im Monat diskutieren Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, und Antonie Nord, Leitung der Abteilung internationale Zusammenarbeit mit Büroleitungen der Stiftung aus aller Welt über die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Pandemie.

 

Mit

  • Kristian Brakel, Heinrich-Böll-Stiftung Istanbul
  • Anna Fleischer, Heinrich-Böll-Stiftung Beirut
  • Bauke Baumann, Heinrich-Böll-Stiftung Rabat

Moderation:
Dr. Antonie Nord
, Leitung der Abteilung Internationale Zusammenarbeit der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin

 

Marokko hat für sein Krisenmanagement gegen die Ausbreitung des Coronavirus international viel Lob erhalten. Eine strikte Ausgangssperre, die landesweite Maskenpflicht, der Einsatz von High-Tech-Anwendungen wie Drohnen oder die Tracking-App: viele dieser im Vergleich zu Europa sehr schnell eingeführten Maßnahmen haben dazu geführt, dass sich die Pandemie in dem nordafrikanischen Land nur langsam ausgebreitet hat. Zudem wurden soziale Härten durch die Einführung von finanziellen Einmalhilfen abgefedert. Dennoch leiden viele Marokkanerinnen und Marokkaner unter den sozialen und ökonomischen Folgen des Lockdowns, insbesondere die Beschäftigten im informellen Sektor oder Migrant/innen. Zugleich befürchten Beobachter, dass der Lockdown dauerhaft für einen weiteren Ausbau der staatlichen Überwachung und die Einschränkung demokratischer Rechte genutzt werden könnte.

Auch die Türkei bewältigt die gesundheitlichen Folgen der Coronakrise bisher besser als erwartet. Obwohl sich das Virus sehr schnell ausgebreitet hat und das Land teilweise Anstiegsraten wie die USA zu verzeichnen hatte, konnte das Gesundheitssystem der extremen Belastung standhalten. Die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns könnten für das Land jedoch verheerend sein. Der Tourismus als wichtige Einnahmequelle kam zwischenzeitlich zum Erliegen und wird sich wahrscheinlich in diesem Jahr nur schleppend erholen. Die Arbeitslosenquote ist massiv angestiegen und die kurzfristige Erholung könnte schwierig werden. Trotz der bisher guten Bewältigung der Krise zeigen sich auch die Schwächen des zentralisierten politischen Systems: weiterhin mangelt es an Transparenz zu Infektionszahlen und die Regierung verweigert nicht nur die Kooperation mit oppositionsgeführten Gemeinden, sondern sabotiert diese bei der Bekämpfung der Pandemie. Kritiker werfen der Regierung zudem vor, die Maßnahmen gegen die Pandemie für weitere Einschränkungen von Meinungs- Versammlungs- und Pressefreiheit zu missbrauchen.

Libanon befand sich auch schon vor der Coronakrise in einer Ausnahmesituation. Die Schuldenlast des Landes zählt zu den höchsten der Welt, das Bankensystem ist weitgehend zusammengebrochen. Zu Beginn des Jahres gingen die Menschen zu Tausenden auf die Straße, um gegen das verkrustete politische System, Korruption und Selbstbereicherung der Eliten zu demonstrieren. Auch der gewaltsame Konflikt im benachbarten Syrien hinterlässt tiefe Spuren in der libanesischen Gesellschaft aus, die eine große Anzahl syrischer Geflüchteter aufgenommen hat. Die wirtschaftliche Krise im Libanon trifft fast alle gesellschaftlichen Gruppen: Menschen, die nicht mehr an ihr Erspartes kommen, die entlassen wurden, deren Löhne gekürzt wurden. Besonders hart aber sind Gastarbeiter/innen und Geflüchtete betroffen: sie können zumeist nicht auf Reserven zurückgreifen und stehen vielfach vor dem Nichts. In den informellen Flüchtlingslagern breitet sich Hunger rasant aus. Bis jetzt sind nur wenige Fälle von Covid-19 bestätigt, aber die Angst vor einer unkontrollierten Ausbreitung ist enorm, da die Menschen hier auf engstem Raum zusammenleben.

Wir wollen mit unseren Kolleg/innen aus den Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in den drei Ländern, Kristian Brakel, Anna Fleischer und Bauke Baumann unter anderem folgende Fragen diskutieren:

  • Wie haben die Regierungen der drei Länder auf die Coronakrise reagiert, wie erfolgreich waren und sind die Maßnahmen?
  • Welche negativen Auswirkungen hatten die Maßnahmen etwa auf die Menschen, die im sogenannten informellen Sektor beschäftigt sind?
  • Inwiefern hat die Krise bestehende gesellschaftliche Probleme verstärkt, beispielsweise in den Geschlechterbeziehungen (z.B. häusliche Gewalt)?
  • Welche Gruppen leiden besonders unter der derzeitigen Situation, wie Geflüchtete? Haben staatliche Überwachung oder Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Zuge der Pandemiebekämpfung zugenommen?

 

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