Online-Diskussion
- Freitag, 12. April 2024 16.00 – 17.30 Uhr In meinem Kalender speichern
Böll.Global 19: Der vergessene Krieg im Sudan - Schutzverantwortung oder Vernachlässigung?
Eine Online-Diskussionsreihe zu aktuellen internationalen Entwicklungen
Ein Jahr ist vergangen, seit die Generäle Al Burhan und Hemeti und ihre Unterstützer in der sudanesischen Armee (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) den Kampf um die Macht im Sudan mit Waffengewalt aufgenommen haben. Auch wenn die Gewaltakteure das Land in Einflusszonen aufgeteilt haben, gehen schwere Kämpfe um die Kontrolle strategischer Gebiete weiter. Und es besteht ein zunehmendes Risiko, dass sich die Kämpfe ausweiten.
Bislang hat der Krieg mehr als sieben Millionen Menschen vertrieben und damit alle anderen Konflikte in der Welt übertroffen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind derzeit 17,7 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen und es droht eine Hungersnot. Das niederländische Forschungsinstitut Clingendael beschreibt mögliche Szenarien: Im „günstigsten“ Fall würden dieses Jahr 200.000 Menschen, im schlimmsten Fall eine Millionen Menschen durch Hunger ums Leben kommen. Dennoch bleibt der Zugang für humanitäre Hilfe stark eingeschränkt und die Mittel für dafür sind viel zu gering.
Die internationalen Vermittlungsbemühungen sind nach wie vor fragmentiert und unwirksam. Die einflussreichen arabischen Länder stützen ihre jeweiligen Verbündeten in dem Konflikt bisher eher, als dass sie auf eine Lösung drängen. Die europäischen Akteure verlassen sich v.a. auf die afrikanischen Institutionen (IGAD und Afrikanische Union). Der Krieg im Sudan ist auf den meisten außenpolitischen Agenden von der diplomatischen Aufmerksamkeit für die Krise in der Ukraine und im Gazastreifen verdrängt worden. Beobachter sprechen von einem "vergessenen Krieg". Ist die internationale Schutzverantwortung von einer "Realität der Vernachlässigung" überholt worden?
Die Zivilgesellschaft innerhalb des Landes ist nach wie vor aktiv, und der Aktivismus der Bürger*innen ist für viele Sudanes*innen überlebenswichtig. Angesichts des Krieges haben die meisten der politisch engagierten zivilen Kräfte begonnen, sich unter großen Schwierigkeiten außerhalb des Landes neu zu organisieren.
Um die Gräueltaten des Krieges zu beenden und die katastrophale humanitäre Lage in den Griff zu bekommen, muss dringend ein breit unterstütztes, gemeinsames Verhandlungsformat gefunden werden.
Vor diesem Hintergrund diskutiert:
- Ulf Terlinden, Leiter der Horn von Afrika-Unit der Heinrich-Böll-Stiftung, mit:
- Abdalbasit Alhaj, Rechtsanwalt und Rechtsberater, Rechtsreferent der Wayamo Stiftung
- Reem Abbas, sudanesische Autorin und Forscherin, derzeit Non-Resident Fellow am Tahrir Institute for Middle East Policy.
- Salih Amar, Mitglied des Exekutivausschusses und des Vorbereitungsausschusses der Tagadum-Gründungsversammlung und ehemaliger Gouverneur des Staates Kassala
- Deborah Düring, Mitglied des Deutschen Bundestages, außenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion B90/Die Grünen
zu den folgenden Fragen:
- Wie stellt sich der Krieg und die humanitäre Lage im Sudan ein Jahr nach Kriegsbeginn dar?
- Wie haben sich die zivilen Akteur*innen neu organisiert, was sind ihre größten Herausforderungen und welche Rolle spielen sie derzeit? Wie können sie wirksam gestärkt werden?
- Was können die EU und ihre Mitgliedstaaten tun, um den Sudan auf die internationale Agenda zu setzen und aktiv auf Verhandlungen zur Beendigung des Krieges zu drängen?
- Wie wird sich Deutschland im Schatten der Kriege in der Ukraine und in Gaza nach dem jüngsten Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in der Region mit dem Konflikt auseinandersetzen?
- Welche Wege könnten den Sudan schließlich aus dem Krieg führen?
Kontakt
Louisa Reeh
Heinrich-Böll-Stiftung
E reeh@boell.de
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