Buen Vivir – vom Recht auf gutes Leben

Seit 2009 beinhalten die Verfassungen von Ecuador und Bolivien ein neues Staatsziel: das „gute Leben“. Dieses fußt auf ganz verschiedenen Vorstellungen eines gelungenen Lebens diverser indigener Gruppen Südamerikas. Das gute Leben ist dabei keine westlich geprägte, individuelle Glücksvorstellung. Es lässt sich vielmehr nur im Einklang mit einer intakten sozialen und natürlichen Umwelt verwirklichen. Folgerichtig fanden daher auch die „Eigenrechte der Natur“ Eingang in die Verfassung. Während sich die Wirtschaft der Andenländer immer noch auf umweltschädigenden Ressourcenabbau und Rohstoffexport („Neo-Extraktivismus“) stützt, stellt das Buen Vivir einen Versuch da, mit dem vorherrschenden Konzept von Entwicklung, das auf Wachstum und Ausbeutung der Natur beruht, zu brechen.

Es ist das erste Mal, dass ein ursprünglich indigenes Konzept in eine Verfassung eingeht. Buen Vivir setzt ein deutliches Zeichen für die Erstarkung indigener Organisationen und ein neues indigenes Selbstbewusstsein in den vergangenen Jahren. Gleichwohl wurde kritisiert, dass die Entscheidungsträger/innen eine eher westlich geprägte Interpretation der indigenen Ideen in den Gesetzestext aufgenommen haben, während die Vertreter/innen indigener Organisationen allenfalls als Zuschauer eingeladen waren.

Was beinhaltet das Konzept des „Buen vivir“ und wie wurde es seit seiner Aufnahme in die Verfassung weiter entwickelt? Wie wird es umgesetzt? Und was hat sich seitdem an der Situation der Bevölkerung geändert?

Thomas Fatheuer war Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro (2003-2010). Zuvor arbeitete er in Projekten zum Waldschutz im Amazonasgebiet mit (1992-2002). Derzeit lebt er als freier Berater und Autor in Berlin und hat verschiedene Artikel und Vorträge zum Thema verfasst.

Dr. Germán Muruchi Poma entstammt selbst der indigenen Gruppe der Aymara, der auch der momentane Präsident Boliviens angehört, und hat bereits verschiedene Bücher über die aktuelle politische Situation Boliviens veröffentlicht.

Ort: Friedrich Schiller Universität Jena, Campus Carl-Zeiß-Str. 3, Hörsaal 4