Dienstag, 18. Mai 2010 19.00 In meinem Kalender speichern

Das Ende des Versammlungsrechts?

Salon Surveillance mit Jens Lehmann (Rechtsanwalt, Dresden)

Die Versammlungsfreiheit, das Recht öffentlich und kollektiv seine Meinung kundzutun und seinen Protest zu demonstrieren, gehört zu den wichtigsten Eigenschaften einer Demokratie und ist die Basis politischer Mitgestaltung Vieler – ob Friedensmarsch, Arbeitskampf oder Antifa-Engagement. Bereits die aktuelle Praxis intensiven Einsatzes von mobiler Videoüberwachung auf
Demonstrationen bedeutet eine erhebliche Einschränkung von Grundrechten.
Als 2006 die Zuständigkeit für das Versammlungsrecht auf die Länder übertragen worden ist, sind in Bayern (2008), Sachsen-Anhalt (2009) und Sachsen (2010) Landesversammlungsgesetze in Kraft getreten, die die
Rechte von Demonstrant_innen und Demoveranstalter_innen zugunsten der Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden einschränken, und das nicht nur
auf der Straße, sondern auch in geschlossenen Räumen. Nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz müssen VeranstalterInnen und OrdnerInnen nicht nur umfangreiche Informationen über sich preisgeben, sondern
können von den Versammlungsbehörden auch als ungeeignet abgelehnt werden.
In Sachsen muss faktisch nicht mehr die Versammlungsbehörde beweisen, dass eine Versammlung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht,
sondern die AnmelderInnen müssen widerlegen, verdächtig zu sein. Seit Januar 2010 können die örtlichen Versammlungsbehörden in Sachsen nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob eine Versammlung der staatlichen Erinnerungspolitik widerspricht.
Zweck dieser Maßnahmen sollte ursprünglich die Verhinderung von Nazi-Aufmärschen sein, doch die Möglichkeiten Demonstrationen in ihrer Form zu beeinflussen oder zu verhindern, sind in den Ländergesetzen inzwischen weit umfassender ausgestaltet.
Der Rechtsanwalt Jens Lehmann führt vor, welches Gefahrenpotential die Neuregelungen bergen und diskutiert, inwiefern der Staat Hindernisse für Demonstrationen abbauen sollte, um Bürger_innen die Nutzung dieses Grundrechtes zu erleichtern.