Urheber/in: Stefanie Busch. Creative Commons License LogoDieses Bild steht unter einer Creative Commons License.

Tagung

Freitag, 28. Oktober 2022 10.00 – 20.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Tagung

Das Gerücht über die Anderen - Verschränkungen von Antisemitismus, Rassismus gegen Rom*nja und Sint*ezze und Sozialchauvinismus

Herbstschule mit Vorträgen, Werkstattbericht, Workshops und Exkursion

Das Gerücht über die Anderen - Verschränkungen von Antisemitismus, Rassismus gegen Rom*nja und Sint*ezze und Sozialchauvinismus

Herbstschule mit Vorträgen, Werkstattbericht, Workshops und Exkursion

Antisemitismus, Antiromaismus, der Rassismus gegenüber Rom*nja und Sint*ezze und Sozialchauvinismus scheinen auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Ideologien zu sein. Die Abwertung und der offene Hass gegenüber Jüdinnen und Juden, Rom*nja und Sint*ezze, Armen und Menschen, die als abweichend stigmatisiert werden, führte in der Vergangenheit zu gewalttätigen Angriffen, Pogromen und der Verfolgung und Vernichtung in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus.

Trotz all der Unterschiedlichkeit sind Antisemitismus, Antiromaismus und der Sozialchauvinismus mit dem Kapitalismus und seinem Arbeitsbegiff verwoben. ‚Juden‘ werden mit der abstrakten Seite des Kapitalismus, Macht und Weltverschwörung assoziiert. Der Antiromaismus hingegen identifiziert in den Rom*nja und Sint*ezze hauptsächlich Menschen, die durch ›Betteln‹ oder ›Stehlen‹ ihr Leben bestritten und keiner ›ehrlicher Arbeit‹ nachgängen.
>>Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen<< fasst die Haltung sozialchauvinistischer Fürsorgepolitik in Vergangenheit und Gegenwart zusammen. Die Soziale Frage wird repressiv beantwortet und gesellschaftliche Auswirkungen wie Armut, Arbeitslosigkeit und Erkrankungen wird mit Disziplinierung, Ausgrenzung und Arbeitszwang begegnet.

Mit dem Fokus einer Kritischen Theorie stellt die Tagung verschiedene Fragen.
Was lässt sich aus der zusammenführenden Analyse von Antisemitismus, Antiromaismus und Sozialchauvinismus ableiten? Wie kann diesem Hass mit unterschiedlichen Gesichtern und dem ihr innewohnenden Verachtung solidarisch begegnet werden? Welche Transformationen und Neudefinitionen in >>Arbeit, Aktivität und Wirtschaft<< braucht es? Die Herbstschule geht in ihrem Programm diesen Verbindungslinien und ihren Konsequenzen nach.

 

Programm:
 

10 Uhr Begrüßung und Einführung in das Programm durch Heike Kadner, (HATiKVA) und Kathrin Krahl, RomaRespekt bei Weiterdenken

10:10 Uhr Keynote von Nikolas Lelle aus seinem Buch Arbeit, Dienst und Führung. Der Nationalsozialismus und sein Erbe.

Nikolas Lelle zeigt in seinem Beitrag auf, dass die nationalsozialistische Vernichtungspolitik nicht plötzlich passierte, sondern dass Ein- und Ausschlüsse aus Arbeit und Gesellschaft mit der Konstruktion „deutschen Arbeit“ zu tun haben. Über die NS-Arbeitsauffassung lässt sich der Zusammenhang von Antisemitismus, Antiromaismus und Sozialchavinismus im Nationalsozialismus und seiner Tradierung verstehen und der KZ-Devise "Arbeit macht frei" annähern.

10:30 Uhr Werkstattbericht mit Ella Falldorf und Daniel Schuch vom Initiativkreis Riebeckstraße 63: Die ehemalige Städtische Arbeitsanstalt Leipzig als aktiver Erinnerungsort".

Im Jahr 1892 wurde im Leipziger Ortsteil Reudnitz-Thonberg die »Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg errichtet«, die zur Unterbringung und Disziplinierung von Obdachlosen, Armen und weiteren sozialen Randgruppen diente. Vom Kaiserreich über die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus und die DDR bis heute wurden der Gebäudekomplex mit insgesamt 28.000 m² durchgängig genutzt. Während der NS-Zeit war die Städtische Arbeitsanstalt als kommunaler Akteur an der Verfolgung und Verwahrung von als asozial stigmatisierten Gruppen und politischen Gegner*innen beteiligt. Zudem diente das Gelände als Sammelstelle für Jüdinnen und Juden, die von hier in die Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden, sowie als zentrale Verteilerstelle von NS-Zwangsarbeit. In der DDR wurden die Gebäude u.a. als Psychiatrie und als geschlossene Venerologische Station benutzt, in der Mädchen und Frauen über Wochen gegen ihren Willen festgehalten und zwangsweise auf Geschlechtskrankheiten untersucht wurden.
Der Werkstattbericht geht auf die verschiedenen historischen Aspekte der Riebeckstraße 63 ein und gibt einen Einblick in die Aktivitäten des Initiativkreises zur Etablierung eines aktiven Gedenkens am historischen Ort der ehemaligen Arbeitsanstalt.

 

11-12 Uhr Imbiss und Kaffee

12 Uhr Workshop mit Anne Goldenbogen (Bildung in Widerspruch e.V.) und Dr. Sarah Kleinmann (Forschungsstelle Antiziganismus, Universität Heidelberg) zu Antisemitismus und Antiziganismus im Kontext von Ökonomie und (vermeintlicher) Ökonomiekritik

Sowohl im Antiziganismus als auch im Antisemitismus sind Zuschreibungen der «heimatlosen» Nichtsesshaftigkeit und der nicht produktiven, unehrlichen Arbeit zentrale Elemente. Beide Ideologien implizieren Vorwürfe gegenüber den Betroffenen, sich den Verwertungserfordernissen des Kapitals zu entziehen und sich nicht dem Primat der Arbeit zu unterwerfen. Der Workshop diskutiert ideologische Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede beider Phänomene.

14:30-15:30 Imbiss

15:30 -18 Uhr Exkursion mit Stefanie Busch (Künstlerin, solidarische Dachgenossenschaft WoGe Dresden und Weiterdenken) zur ehemaligen Arbeitsanstalt Dresden, zu einem Graffiti in Erinnerung an den Sinto-Boxer Johann Wilhelm „Rukeli“ Trollmann mit Mario Ferizovic und Anne Klopfer (Romano Sumnal e.V. und RomaRespekt) und zum ehemaligen Judenlager am Hellerberg mit Heike Kadner (HATiKVA) und audioscript.net.
 

18:30 Vortrag und Gespräch mit Ulrike Grossarth zu Nebensächliches im Zentrum

In einem Vortrag und Gespräch stellt Ulrike Grossarth ihre Initiative Die Schule von Lublin vor. Sie entwickelt eine künstlerische Praxis, die die Formulierung eines zukünftigen Kunst- und Kulturbegriffs aus den Quellen jüdischer Denk- und Lehrtradition reflektiert und den daraus herrührenden Qualitäten des Unabgeschlossenen, permanent sich Erneuernden, Lebendigen und einer Dynamik von variablen Beziehungen zwischen divergenten Motiven. Ihr Interessensschwerpunkt dabei liegt auf anthropologischen Themen. Dazu gehört auch das Studium des Talmuds, dass Sie in verschiedenen Lerngruppen seit 2012 praktiziert. Es geht, mit einem Zitat von Emmanuel Lévinas, um ….“einen Ort konkreter ‚Inszenierung’ dessen, was sich anstelle von Abstraktion sagen läßt.“

Moderation und Konzeption: Renata Horvathova, Kathrin Krahl, Sabine Richter, Stefan Schwarz, Irina Suttner, Susanne Voigt
Anmeldung unter: schwarz@hatikva.de

Ort: Goethe Institut Dresden, Königsbrücker Str. 84

Du möchtest oder musst mit Kind kommen, sprich uns an, wir finden eine Lösung.

 

Am Vorabend um 20 Uhr findet eine Lesung mit Gespräch mit dem Autor Nikolas Lelle zum Buch Arbeit, Dienst und Führung. Der Nationalsozialismus und sein Erbe (2022, Verbrecher Verlag) in der komsotique, Martin-Luther-Str. 13 in Dresden statt.

Eine Kooperation zwischen RomaRespekt bei Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, HATiKVA e.V., audioscript.net und Goethe Institut Dresden.

Unterstützt durch das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“, die „Stiftung der Ostsächsischen Sparkasse Dresden“ und ´Gibt´s doch gar nicht...´ - Sensibilisierung für antisemitische Einstellungen und Diskriminierung in der Gegenwart ein Modellprojekt von HATiKVA e.V. bei „Demokratie leben!“

Adresse
▶ Siehe Veranstaltungsbeschreibung
Veranstalter*in
Landesstiftung Sachsen (Weiterdenken)