Film und Gespräch
- Sonntag, 19. Juni 2022 20.30 – 22.30 Uhr In meinem Kalender speichern
Das Mädchen vom Moorhof
im Kommunalkino City46
Als erste Frau überhaupt wurde Selma Lagerlöf 1909 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet. Ein Jahr zuvor hatte sie die Novelle „Das Mädchen vom Moorhof“ veröffentlicht, die in der Folge sieben Mal verfilmt wurde. Die Heinrich Böll-Stiftung Bremen, selbst nach einem Literaturpreisträger benannt, zeigt nun im City 46 die „Moorhof“-Verfilmung von 1935 – und das ist erklärungsbedürftig.

Warum ausgerechnet die Fassung aus der NS-Filmproduktion? Wo es doch, zum Beispiel, mit Victor Sjöströms Stummfilm-Klassiker von 1917 ein frühes „Moorhof“-Meisterwerk des Naturalismus gibt, das dem schwedischen Kino Weltgeltung verschaffte? Und warum überhaupt ein Melodrama um Meineid, Moral und Messertiche in dräuenden Moorlandschaften zeigen - als ob politische Bildungsarbeit nichts Besseres und Drängenderes zu tun hätte?
Die Antwort ist, zugegeben, zunächst knall-lokal. Regisseur Hans Detlef Sierck drehte „Das Mädchen vom Moorhof“ im Juli und August 1935 im Teufelsmoor bei Worpswede. Er kannte die Gegend gut: Bevor Sierck als Douglas Sirk in Hollywood Karriere machte, wirkte er als Oberspielleiter am Theater Bremen. Noch 1930 inszenierte er dort Brechts Dreigroschenoper.
Sierck alias Sirk, verheiratet mit der jüdisch-stämmigen Schauspielerin Hilde Jary, verließ Deutschland 1937 wegen seiner Gegnerschaft zum Nationalismus. Das wirft die spannende Frage auf, auf welche Kompromisse er sich beim Dreh von 1935 noch einließ. 1935 konnte in Berlin keine Filmpremiere stattfinden, die dem Propagandaministerium ein Dorn im Auge gewesen wäre. 1933 war die Uraufführung von „Der Silbersee“, inszeniert von Sierck, noch von SA-Schlägern angegriffen worden. Doch 1936/37 feierte Sierck große UFA-Erfolge, mit „Zu neuen Ufern“ und „La Habanera“ machte er Zarah Leander zu Hitlers (bestbezahlter) Lieblings-Schauspielerin.
Viele Gründe also, sich Siercks Drama aus dem Teufelsmoor mit kritischen Augen anzuschauen. Präsentation und Diskussion des „Mädchens vom Moorhof“ sind Teil unserer Beschäftigung mit den bislang unterschätzten ökologischen, ökonomischen und kulturellen Implikationen der Moor-Nutzung. Unsere Studienreise per Rad ins Teufelsmoor, die am Tag nach dem Sierck-Melodram startet, ist zwar schon ausgebucht – aber wir freuen uns darauf, mit vielen weiteren Interessierten zumindest den cineastischen Einstieg zu teilen.
Veranstaltungsort: Kommunalkino City 46 (Birkenstraße 1, Bremen)
Kinotickets & weitere Infos zum Film: https://www.city46.de/programm/juni-2022/teufelsmoor
- Adresse
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▶ Siehe Veranstaltungsbeschreibung
- Veranstalter*in
- Landesstiftung Bremen
- Sprache
- Deutsch
- Teilnahmegebühren
- 9 Euro/ermäßigt: 5,50 Euro