Bremer Kolonialdenkmal. Urheber/in: Sammlung Joachim Zeller, Berlin. Public Domain.

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Sonntag, 05. Mai 2024 11.00 – 13.00 Uhr In meinem Kalender speichern

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Der Junge aus der Lettow-Mappe

„Kwaheri Askari“: Lesung vor Porträts mit Anja Seelke

Der Backstein-Elefant im heutigen Nelson Mandela-Park hinter dem Hauptbahnhof sollte als „Reichskolonialehrenmal“ den deutschen „Anspruch“ auf Kolonien repräsentieren. Als der Entwurf von Fritz Behn nach langer Verzögerung 1932 zur Ausführung kam, war das „Kolonialreich“ zwar längst Vergangenheit – die koloniale Begeisterung jedoch ungebrochen. Bremen verstand sich als „Stadt der Kolonien“ und bemühte sich während der NS-Zeit darum, den Titel auch offiziell tragen zu dürfen.

In einem Krypta-ähnlichen Raum unter dem Elefanten memorierte ein Totenbuch 1.490 Namen von Soldaten der kaiserlichen 'Schutztruppe'. Sie waren zwischen 1914 und 1918 in den Kolonien „gefallen“ und wurden nun zu Märtyrern stilisiert: Jedes gelassene Leben sei „ein Zeugnis für den unverjährten und unverjährbaren Anspruch Deutschlands auf seinen Kolonialbesitz“, so Bürgermeister Theodor Spitta anlässlich der Einweihung. In diesem Sinne appelliere der Elefant „an Ausdauer und nationales Beharrungsvermögen“, erläuterte die „Übersee- und Kolonialzeitung“.

1989 wurde das Kriegerdenkmal zum (bundesweit ersten) Anti-Kolonial-Denkmal erklärt, als Mahnung an Unrecht und Terror der deutschen Kolonialherrschaft. In der ehemaligen Kultstätte weißer Kolonialoffiziere rückt die Kulturwissenschaftlerin Anja Seelke nun den Kriegsdienst Schwarzer Kolonialsoldaten in den Blick.

Im Mittelpunkt von Seelkes Recherche steht Mustapha bin Mabruk. Unter Paul v. Lettow-Vorbeck, der das Denkmal eingeweiht hatte, war Mustapha bin Mabruk als Kindersoldat an Militäroperationen in der damaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ beteiligt. Nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft wurde Mustapha bin Mabruk zum „idealen kolonialen Soldaten“ verklärt, der sich angeblich nichts sehnlicher wünsche als die Rückkehr seiner deutschen „Herren“.

Die „Treue der Askari“ war während der Weimarer Republik ein wichtiger Topos der Kolonialpropaganda. Bis heute hält sich die „Legende vom deutschen Kolonialidyll“ (Ralph Giordano): Als dievon Walter von Ruckteschell 1921 angefertigte Lithografie von Mustapha bin Mabruk (die zur sog. Lettow-Mappe gehört) in einer kunsthistorischen Debatte 2018 als „frei von jeder kolonialistischen Sichtweise“ erklärt wurde, war das für Anja Seelke der Ausgangspunkt einer intensiven Spurensuche.

Ihre „Lesung vor Porträts“ erzählt die Geschichte hinter der Litographie anhand historischer Quellen und neuer Forschungsergebnisse. Ein von Seelke selbst angefertigtes Bild von Mustapha bin Mabruk steht für eine andere Wahrnehmung der deutschen Kolonialgeschichte.

Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, eine Anmeldung nicht erforderlich.

Kooperationspartnerinnen: Bremer Landeszentrale für politische Bildung, „Der Elefant!“ e.V., Rosa-Luxemburg-Stiftung Bremen.

Ort: Krypta des Elefanten, Nelson-Mandela-Park. Bei zu großem Andrang (und passendem Wetter) findet die Lesung vor dem Elefanten im Freien statt. Für diese Gelegenheit wird das Mitbringen eines Klappstuhls empfohlen.

Adresse
▶ Siehe Veranstaltungsbeschreibung
Veranstalter*in
Landesstiftung Bremen