- Donnerstag, 20. Juni 2013 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Die Agrarlüge Ost
Eine historische Analyse und Ideen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft
Schweiz oder Kasachstan? Diese Länder stehen für absolut gegensätzliche Agrarstrukturen. In der Schweiz dominieren auch heute klein- und mittelbäuerliche Höfe. Das Land ist deswegen nicht rückständig. In Kasachstan hingegen herrschen die aus den sowjetischen Kolchosen und Sowchosen hervorgegangenen Großbetriebe mit Flächenausstattungen von 5.000 bis 40.000 Hektar vor. Die deutsche Agrarstruktur liegt ungefähr in der Mitte zwischen der Schweiz und Kasachstan. Doch dieses Durchschnittsdeutschland existiert nur in der Statistik.
Auf dem Lande gibt es die deutsche Einheit noch nicht: Großbetriebe mit über 500 Hektar Land (das sind fünf Quadratkilometer) haben in Westdeutschland einen Anteil von 1,5 % und in Ostdeutschland einen Anteil von 68 % der Gesamtagrarfläche. Der ostdeutsche Durchschnittsbetrieb ist mehr als fünf
Mal so groß wie der Westdeutsche; die Zahl der Beschäftigten je 100 ha liegt im Osten aber nur bei einem Drittel. Somit bringt die Ost-Landwirtschaft eine erheblich geringere Wertschöpfung in die ländlichen Räume als die westdeutsche – und sie ist hochgradig abhängig von Subventionen. Was
uns als eine «Orientierung am Weltmarkt» verkauft werde, sei nur eine Anpassung an die Getreide produzierenden Steppengebiete Asiens und Amerikas. Die Angleichung der ostdeutschen Dörfer und Kulturlandschaften an die dortigen Verhältnisse sei weit fortgeschritten – und inzwischen auch der separaten ostdeutschen Agrarpolitik nach 1990 anzulasten. Deren gezielte Befestigung einer sogenannten «gewachsenen Agrarstruktur» der neuen Länder leugne die kommunistischen Systemverbrechen, verletze die Würde der betroffenen Familien und benachteilige diese abermals.
Michael Beleites verknüpft seine schonungslose Analyse der ostdeutschen Agrarpolitik vor und nach der 89er Revolution mit der Suche nach Visionen für eine zukunftsfähige Landbewirtschaftung. In dem bäuerlichen Erbe Sachsens und Thüringens sieht er eine besondere Chance zur schrittweisen Wiederbelebung sozial und ökologisch verträglicher bäuerlicher Strukturen. Die Agrarpolitik müsse daran gemessen werden, welche Richtung sie einschlägt: Schweiz oder Kasachstan?
Michael Beleites ist 1964 als Sohn eines Pfarrers in Halle geboren und studierter Landwirt. Beleites war ein Mitbegründer der DDR-Umweltbewegung. 1984 war er Initiator der ersten Protestaktionen gegen Umweltzerstörung in der Chemieregion Wolfen-Bitterfeld und Mitinitiator des Meininger Friedensgottesdienstes. Seit 1986 recherchierte er illegal zu den gesundheitlichen und ökologischen Folgen des Uranabbaus der SDAG Wismut. Durch sein Mitwirken in kirchlichen Friedens- und Umweltinitiativen geriet er schnell unter die Beobachtung des DDR-Ministeriums für Staatsicherheit. Daher durfte er weder Abitur machen noch studieren. Seit 1983 verfolgte die Stasi ihn mit einem «Operativen Vorgang». 1989 war er Mitglied des Bürgerkomitees zur MfS-Auflösung in Gera, 1990 Berater des Neuen Forums beim Zentralen Runden Tisch. Von Dezember 2000 bis Dezember 2010 amtierte Michael Beleites als Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.
Im September2012 ist bei Weiterdenken die Streitschrift «Leitbild Schweiz oder Kasachstan?» von Michael Beleites zur Entwicklung der ländlichen Räume in Sachsen und zur Agrarpolitik in Ostdeutschland erschienen.
Auf dem Lande gibt es die deutsche Einheit noch nicht: Großbetriebe mit über 500 Hektar Land (das sind fünf Quadratkilometer) haben in Westdeutschland einen Anteil von 1,5 % und in Ostdeutschland einen Anteil von 68 % der Gesamtagrarfläche. Der ostdeutsche Durchschnittsbetrieb ist mehr als fünf
Mal so groß wie der Westdeutsche; die Zahl der Beschäftigten je 100 ha liegt im Osten aber nur bei einem Drittel. Somit bringt die Ost-Landwirtschaft eine erheblich geringere Wertschöpfung in die ländlichen Räume als die westdeutsche – und sie ist hochgradig abhängig von Subventionen. Was
uns als eine «Orientierung am Weltmarkt» verkauft werde, sei nur eine Anpassung an die Getreide produzierenden Steppengebiete Asiens und Amerikas. Die Angleichung der ostdeutschen Dörfer und Kulturlandschaften an die dortigen Verhältnisse sei weit fortgeschritten – und inzwischen auch der separaten ostdeutschen Agrarpolitik nach 1990 anzulasten. Deren gezielte Befestigung einer sogenannten «gewachsenen Agrarstruktur» der neuen Länder leugne die kommunistischen Systemverbrechen, verletze die Würde der betroffenen Familien und benachteilige diese abermals.
Michael Beleites verknüpft seine schonungslose Analyse der ostdeutschen Agrarpolitik vor und nach der 89er Revolution mit der Suche nach Visionen für eine zukunftsfähige Landbewirtschaftung. In dem bäuerlichen Erbe Sachsens und Thüringens sieht er eine besondere Chance zur schrittweisen Wiederbelebung sozial und ökologisch verträglicher bäuerlicher Strukturen. Die Agrarpolitik müsse daran gemessen werden, welche Richtung sie einschlägt: Schweiz oder Kasachstan?
Michael Beleites ist 1964 als Sohn eines Pfarrers in Halle geboren und studierter Landwirt. Beleites war ein Mitbegründer der DDR-Umweltbewegung. 1984 war er Initiator der ersten Protestaktionen gegen Umweltzerstörung in der Chemieregion Wolfen-Bitterfeld und Mitinitiator des Meininger Friedensgottesdienstes. Seit 1986 recherchierte er illegal zu den gesundheitlichen und ökologischen Folgen des Uranabbaus der SDAG Wismut. Durch sein Mitwirken in kirchlichen Friedens- und Umweltinitiativen geriet er schnell unter die Beobachtung des DDR-Ministeriums für Staatsicherheit. Daher durfte er weder Abitur machen noch studieren. Seit 1983 verfolgte die Stasi ihn mit einem «Operativen Vorgang». 1989 war er Mitglied des Bürgerkomitees zur MfS-Auflösung in Gera, 1990 Berater des Neuen Forums beim Zentralen Runden Tisch. Von Dezember 2000 bis Dezember 2010 amtierte Michael Beleites als Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen.
Im September2012 ist bei Weiterdenken die Streitschrift «Leitbild Schweiz oder Kasachstan?» von Michael Beleites zur Entwicklung der ländlichen Räume in Sachsen und zur Agrarpolitik in Ostdeutschland erschienen.
- Veranstalter*in
- Landesstiftung Sachsen (Weiterdenken)