- Dienstag, 14. November 2006 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Die Eskalation des russisch-georgischen Konflikts
Nationalitätenkonflikte und regionale Machtinteressen
In Georgien werden vier russische
Offiziere unter Spionageverdacht verhaftet
und nach Vermittlung der OSZE an
Russland übergeben. Georgische Polizei
umstellt das Hauptquartier der russischen
Streitkräfte in der georgischen Hauptstadt
Tiflis. Alles reichlich theatralisch inszeniert,
aber nicht völlig überraschend im
angespannten Verhältnis zwischen den
zwei benachbarten Staaten. Doch die
grotesk übertriebene russische Reaktion
erstaunt die Welt. Sanktionen gegen das
kleine südliche Nachbarland werden
verhängt und Drohungen ausgestoßen, die
Russland gegenüber Nordkorea zum
Beispiel strikt ablehnen würde. Und in
Russland beginnt eine durch
Kremläußerungen losgetretene rassistische
Hetzjagd auf Georgier und
georgischstämmige Russen. Warum diese
auf den ersten Blick absurde Eskalation?
<br><br>
Die georgisch-russischen
Auseinandersetzungen mischen sich mit
den zwei schwelenden Regionalkonflikten
um Südossetien und Abchasien. Diese
beiden Regionen haben sich nach
Bürgerkriegen Anfang der 90er Jahre von
Georgien losgesagt. Seither sind in beiden
Regionen international nicht anerkannte
Staaten entstanden, die sich ihre faktische,
wenn auch nicht völkerrechtliche
Unabhängigkeit von Georgien mit einer
starken politischen, wirtschaftlichen und
militärischen Abhängigkeit von Russland
erkauft haben.<br><br>
Beide, Georgien und Russland, tragen mit
ihren Handlungen dazu bei, die Konflikte
eher zu schüren als zu lösen. Abchasien
und Südossetien sind dabei oft nur
Spielbälle dieser Auseinandersetzung. In
der georgischen Führung wie bei der
Mehrheit der georgischen Bevölkerung
dominiert die Überzeugung, dass es sich
bei beiden Konflikten lediglich um
Spielarten des großen georgisch-
russischen Konfliktes handele. Deshalb
lohnt sich in ihren Augen der direkte Dialog
mit den Südosseten und Abchasen nicht,
solange Russland nicht durch
internationalen Druck von seiner
Unterstützung für die Separatisten
abgebracht werden kann. Diesen Druck
wollen die Georgier erzeugen, indem sie
den russisch-georgischen Gegensatz in die
internationalen Schlagzeilen bringen; ein
Anliegen, bei dem ihnen Russland mit
seinen völlig überzogenen Reaktionen sehr
geholfen hat. <br><br>
Welche weiteren Entwicklungen sind im
georgisch-russischen Verhältnis zu
erwarten? Welche Schlüsse lassen sich aus
dem Konflikt über die aktuellen politischen
Verhältnisse in beiden Ländern ziehen?
Welche Auswirkungen hat die aktuelle
Eskalation auf die Konflikte in Abchasien
und Südossetien? Wird es zu einer
Internationalisierung der ungelösten
Statusfragen kommen? Welche
Auswirkungen haben die georgisch-
russischen Auseinandersetzungen auf die
Russland- und Südkaukasuspolitik von
Deutschland, EU und den Vereinigten
Staaten?
<br>
<br>
<b>Mit</b>:<br>
<b>Paata Zakareishvili </b>, georgischer
Koordinator des zivilgesellschaftlichen
Dialogprozesses zum Abchasienkonflikt,
Tbilisi; <br>
<b>Liana Kwartschelia</b>, Zentrum für
Humanitäre Programme, Suchum/i <br>
<B>Andrej Rjabow</b>, stellv. Direktor
des Zentrums für Politologische
Programme der Gorbatschow-Stiftung,
Moskau
<br>
<b>Christoph Retzlaff</b>,
Stellvertretender Leiter des Referats
Südlicher Kaukasus und Zentralasien,
Auswärtiges Amt, (angefragt) <br>
<br>
<b>Moderation</b>:<br>
<b>Walter Kaufmann</b>, Leiter des
Regionalbüros Südlicher Kaukasus der
Heinrich-Böll-Stiftung in Tbilisi
<br>
- Veranstalter*in
- Heinrich-Böll-Stiftung - Bundesstiftung Berlin