Marsch der Empörung, Mexiko. Urheber/in: Caroline Schroeder. Creative Commons License LogoDieses Bild steht unter einer Creative Commons License.

Gespräch

Dienstag, 27. Oktober 2015 17.00 – 20.30 Uhr In meinem Kalender speichern

Gespräch

Die Präsenz der Abwesenheit: Verschwindenlassen in Mexiko

Staatliche Verantwortung, zivilgesellschaftliche Strategien und internationale Handlungsmöglichkeiten

Vor einem Jahr, am 26. September wurden 43 Studenten im mexikanischen Bundesstaat Guerrero verschleppt und sind bis heute verschwunden. Mit der Verhaftung und dem Geständnis von Mitgliedern des örtlichen Drogenkartells und der örtlichen Polizei betrachtet die Regierung das Verbrechen als aufgeklärt. Eine Version, die die Expertengruppe der Interamerikanischen Menschenrechtskommission in ihrem kürzlich veröffentlichten Untersuchungsbericht jedoch bezweifelt.

Die verschwundenen Studenten von Ayotzinapa sind kein Einzelfall: Mindestens 26.000 Menschen in Mexiko gelten als verschwunden, die meisten im Zusammenhang mit dem sogenannten Drogenkrieg seit 2007. Gewalt, Korruption auf allen institutionellen Ebenen und ein hohes Maß an Straflosigkeit bilden hier den Nährboden.

Zwar haben die mexikanischen Institutionen im vergangenen Jahr auch international an Glaubwürdigkeit eingebüßt, doch Mexiko bleibt ein wichtiger Bündnis- und Handelspartner. Deshalb sind auch Deutschland und die EU in der Verantwortung, die Einhaltung von Menschenrechtsstandards sowie die strafrechtliche Verfolgung und Aufklärung dieser Verbrechen konsequent einzufordern. Dazu gehört aber auch, die eigenen Standards und Bestimmungen zu befolgen - die im Falle der (nach den deutschen Export-Bestimmungen nicht genehmigungsfähigen) Ausfuhren von Heckler&Koch Waffen nach Mexiko verletzt wurden.

International bekannt ist das Verbrechen des gewaltsamen Verschwindenlassens als systematisches Vorgehen durch die Militärdiktaturen Lateinamerikas in den 1970er und 1980er Jahren. Aktuell beobachtet Amnesty International Fälle von Verschwindenlassen in Ländern wie Mexiko, China, Nigeria, Thailand der Dominikanischen Republik und vermehrt in Syrien.

Das Verschwindenlassen macht es den Menschen unmöglich, gesetzlichen Schutz zu suchen. Als multiples Verbrechen beinhaltet es oftmals Folter, Entführung und Mord.

Die Angehörigen bleiben häufig über lange Zeiträume im Ungewissen, die Behörden in vielen Ländern wissen nicht, wie sie zu agieren haben.

Deutschland hat die UN-Konvention gegen das Verschwindenlassen 2009 ratifiziert. Der damit verbundenen Forderung, den Straftatbestand des „Verschwindenlassens" einzuführen, ist die Bundesregierung jedoch nicht gefolgt. Dabei ist Deutschland in diesem Zusammenhang ein „Global Player“ und damit aufgefordert, sich an dem internationalen Kampf gegen diese besonders grausame Form staatlicher Willkür zu beteiligen.

Aus Mexiko, Deutschland und Europa haben wir Vertreter/innen aus zivilgesellschaftlichen und zwischenstaatlichen Organisationen und aus der Politik eingeladen, um auf zwei Panels verschiedene Aspekte des gewaltsamen Verschwindenlassens zu diskutieren:

Im ersten Teil wird der mexikanische Kontext analysiert: Was bedeutet Verschwindenlassen für die Opfer und deren Angehörige? Welche Maßnahmen sind aus sozialer, politischer und legislativer Sicht nötig um dieses Verbrechen in Mexiko zu bekämpfen? Was passiert, wenn der Staat nicht Teil der Lösung, sondern des Problems ist und zivilgesellschaftliche Akteure die Untersuchung und Aufklärung dieser Verbrechen übernehmen müssen?

Der zweite Teil befasst sich mit der Verantwortung und Rolle der internationalen Gemeinschaft bei der Bekämpfung des gewaltsamen Verschwindenlassens. Konkrete Ansätze und Handlungsmöglichkeiten für die deutsche Regierung und die EU sollen diskutiert werden.

 

Mit:

  • Kathryne Bomberger, Generaldirektorin International Commission on Missing Persons, Bosnien
  • Marcela Turati, Journalistin, Mexiko
  • Alejandra Nuño, Centro de Derechos Humanos de las Mujeres (CEDEHM), Chihuahua, Mexiko
  • Jorge Verástegui, Centro Fray de Juan de Larios, Mexiko
  • Michael Windfuhr, Vizedirektor Deutsches Institut für Menschenrechte
  • u.a.

 

Eine Kooperation der Heinrich-Böll-Stiftung mit der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko

Die Veranstaltung findet im Zusammenhang mit der internationalen Konferenz zum Thema „Gewaltsames Verschwindenlassen“ statt, die vom 23. bis 25. Oktober in der Ev. Akademie Bad Boll ausgerichtet wird.

 

Ablauf:

17.00 Begrüßung:

  • Ingrid Spiller, Heinrich-Böll-Stiftung
  • Carola Hausotter, Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko (DMRKM)

17.15 Podiumsdiskussion Teil 1: Verschwindenlassen in Mexiko – wenn Zivilgesellschaft staatliche Aufgaben übernimmt

Mit:

  • Jorge Verástegui vom Centro Fray de Juan de Larios, Coahuila
  • Alejandra Nuño, Centro de Derechos Humanos de las Mujeres (CEDEHM), Chihuahua, Mexiko
  • Kathryne Bomberger von der zwischenstaatlichen Organisation „International Commission on Missing Persons“ (ICMP)

18.30 Pause

19.00 Podiumsdiskussion Teil 2: Internationale Strategien zur Bekämpfung von Verschwindenlassen – welche Rolle übernimmt Deutschland?

Mit:

  • Marcela Turati, Journalistin aus Mexiko
  • Kathryne Bomberger von der zwischenstaatlichen Organisation „International Commission on Missing Persons“ (ICMP)
  • Michael Windfuhr, Deutsches Institut für Menschenrechte

 

Information:       
Ines Thomssen
Projektbearbeitung
Heinrich-Böll-Stiftung
E-Mail thomssen@boell.de
Telefon +49(0)285 34 -324

Adresse
Heinrich-Böll-Stiftung - Bundesstiftung Berlin
Schumannstr. 8
10117 Berlin
Veranstalter/in
Heinrich-Böll-Stiftung - Bundesstiftung Berlin
Teilnahmegebühren
frei