- Dienstag, 02. März 2004 19.30 – 22.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Iran nach den Wahlen
Jour fixe
Unsere Gäste:
Johannes Reissner, SWP, Berlin
Katajun Amirpur, Islamwissenschaftlerin,
freie Autorin und Publizistin, Köln;
Nosratollah Barati-Novbari, Iranian
Republican Union, Union for a democratic
and secular Republic in Iran, executive
committee member, international relation,
chair, Berlin;
Moderation: Klaus Linsenmeier,
Heinrich-Böll-Stiftung
Seit Wochen, wenn nicht Monaten spitzt sich
die innenpolitische Krise im Iran
anlässlich der Parlamentswahlen am 20.
Februar zu. Begonnen hatten die
Auseinandersetzungen, nachdem der
konservative Wächterrat rund 3000
Kandidaten des Reformflügels, darunter 83
amtierenden Parlamentariern unter
dubiosen
Vorwürfen die Zulassung zu den Wahllisten
verweigerte. Die Reaktionen fielen heftig
aus, so drohten Gouverneure aller 27
Regionen und Regierungsmitglieder mit
ihrem
Rücktritt, Abgeordnete organisierten einen
22-tägigen Sitzstreik im Parlament, und
eine Reihe von prominenten
Reformpolitikern
forderte gar einen Wahl-Boykott. Während
Präsident Chatami zunächst noch
ungewöhnlich deutliche Worte fand und sich
angesichts der Ausschlüsse sogar für eine
Verschiebung der Wahlen aussprach,
beugte
er sich Ende Januar nun der letzten
Entscheidung des Wächterrats, der als
"Kompromiss" "nur noch" 2500 Kandidaten
ausschließen wollte. Damit dürften sich die
Konservativen endgültig durchgesetzt
haben
und, angesichts einer eher gering
ausfallenden Wahlbeteiligung, ihren
Einfluss auch im Parlament ausdehnen.
Große
politische Reformen sind wohl nun auf
absehbare Zeit ausgesetzt, doch können
durchaus auch die Konservativen ein
gewisses Interesse an einer
"kontrollierten" Öffnung und an
Spielräumen
für zivilgesellschaftliche Aktivitäten
haben – der in weiten Teilen der
Bevölkerung verbreitete Frust über den
politischen "Reformstau", die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten und
insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit
stellen für die Konservativen ein nicht zu
unterschätzendes kritisches Potential dar.
Insofern ist noch nicht sicher, ob die
Konservativen mit ihrer Strategie
langfristig Erfolg haben werden. Allerdings
wünschen sich bestimmte Teile der
Mittelschicht und des Handels stabile
Verhältnisse und somit eher keine weiteren
Veränderungen: die aktuelle staatstragende
Ideologie aus Islam und iranischem
Nationalismus wird begrüßt.
Zehn Tage nach den Wahlen diskutieren
unsere Gäste folgende Fragen:
- Was bedeutet der Abbruch der
Reformdiskussion für die interne
Entwicklung in Iran?
- Führt die Frustration von Reformern und
gerade der Jugend zur gewaltsamen
Konfrontation?
- Außenpolitisch hat sich Iran in der
Atompolitik bewegt: Welche Perspektiven
gibt es für die europäische und
amerikanische Iran-Politik vor dem
Hintergrund unverminderter Repressionen
im
Land?
- Veranstalter*in
- Heinrich-Böll-Stiftung - Bundesstiftung Berlin