Dienstag, 05. Juli 2005 19.30 – 22.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Iran nach den Wahlen - zurück in die Zukunft?

Auf der Galerie... Debatten zur internationalen Politik

Mit:<br> <b>Farah Karimi</b>, Den Haag, Abgeordnete der Grünen im niederländischen Parlament<br> <b>Rudolph Chimelli</b>, Paris, Süddeutsche Zeitung<br> <b>Bahman Nirumand</b>, Berlin, Autor und Schriftsteller<br><br> Moderation:<br> <b>Beate Seel</b>, taz, Berlin <br><br> Die erste Runde der iranischen Präsidentschaftswahlen endete für die Reformbewegung desaströs: ihr Kandidat Mostafa Moin landete weit abgeschlagen auf einem der letzten Plätze. In die Stichwahl gehen nun der Hardliner Mahmud Ahmedinedschad, amtierender Bürgermeister von Teheran, und der als Favorit gehandelte Pragmatiker Akbar Haschemi Rafsanjani. Zudem erzielte der Aufruf einiger Reformpolitiker zum Boykott der Wahlen offensichtlich keine Resonanz - obwohl der religiös-klerikale Wächterrat nur 8 von über 1000 Bewerbern und keine Frauen zur Wahl zugelassen hatte, waren das Interesse und der Andrang an den Wahlurnen so groß, dass die Öffnungszeiten der Wahllokale mehrmals verlängert wurden. Nach offiziellen Angaben nahmen über 62% der iranischen Bürger am ersten Wahlgang teil. Nachdem die Reformer bereits in den Parlamentswahlen von 2004 ihre Mehrheit nicht behaupten konnten, ist mit der Präsidentschaft nun auch die letzte Schlüsselposition im politischen Machtgefüge der islamischen Republik verloren.<br><br> Selbst wenn schon vor den Wahlen und auch am Tag danach viele kritische Beobachter auf Unregelmäßigkeiten verwiesen, bedeutet dieses Ergebnis dennoch das Ende des 1997 mit der Wahl des amtierenden Präsidenten Chatami begonnenen politischen Reformfrühlings: breite Bevölkerungsteile resignieren angesichts der offensichtlichen Reformunfähigkeit der Islamischen Republik. Die Reformperiode führte weder zu einer echten Demokratisierung der politischen Machtverhältnisse, noch hat sie für die Bevölkerungsmehrheit eine grundsätzliche Verbesserung der Lebensverhältnisse erzielt, im Gegenteil: die iranische Gesellschaft spaltet sich zunehmend in eine kleine, modern denkende, sozial und ökonomisch aufstrebende Mittelschicht und eine von wachsender Arbeitslosigkeit (15%) und Armut betroffene Masse der Bevölkerung. <br><br> Auch ökonomisch ist die Zukunft unklar: bisher haben weder Rafsandjani noch Ahmedinedschad ein detailliertes wirtschaftspolitisches Programm vorgelegt. Während Rafsandjani eher als Hoffnungsträger für einen wirtschaftlichen Aufschwung und einer vorsichtigen Öffnung des Iran nach außen wahrgenommen wird, steht Ahmedinedschad für die Rückkehr zur islamischen Revolution. <br><br> Was bedeutet dieses Wahlergebnis für die Reformbewegung und ihre politischen Forderungen, für ihre Akteure? Wie wird sich der künftige Präsident angesichts der unbewältigten wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten positionieren? Welche Entscheidungen stehen in der Wirtschafts- und Außenpolitik unaufschiebbar an? Kommt es nach dem politischen nun auch zu einem gesellschaftlichen Rückschlag, lassen sich die bescheidenen Liberalisierungen wieder vollständig zurückdrehen? Wie reagiert die Mehrheit der jüngeren iranischen Bürgerinnen und Bürger auf eine mögliche Fundamental-Re- Islamisierung des Landes, wie hoch ist der vielzitierte "Druck im Kessel"? Zeichnet sich im Atomstreit ein Ausweg ab oder ist eine Konflikteskalation zu erwarten? Kann die EU-Troika (D, F, GB) einen tragfähigen Kompromiss erreichen? Riskieren die USA einen zweiten, weitaus unkalkulierbareren militärischen Konflikt in der Golfregion?