- Donnerstag, 02. Dezember 2010 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern
`Kämpfe kontra Kontrolle`
Geschichte und Perspektiven Westdeutscher Überwachungskritik
Die ersten Protestgruppen, die in Westdeutschland für Datenschutz und gegen Überwachung auf die Straße gingen, waren ehemalige Bedienstete des «Dritten Reiches». Sie hatten 1945 ihren Job verloren und setzten sich jetzt dafür ein, dass «Kenntnisse» der Alliierten oder
aus Spruchkammmerverfahren nach 1949 keine Rolle mehr spielen durften. Ihr Mobilisierungserfolg war überwältigend. Nicht zuletzt dank der fast überall mitregierenden FDP. In den 50er bis 70er Jahren dann trugen die «Entnazifizierungsopfer» bzw. der von ihnen freiheitlichdemokratisch geschulte Nachwuchs maßgeblich dazu bei, dass linke und linksliberale Proteste – gegen Telefonüberwachung etwa oder die sog. Regelanfrage beim Inlandsgeheimdienst – ungleich wirkungsloser blieben. Häufig wurde die Kritik sogar als «unrechtsstaatlich» diffamiert, mitunter auch als «verfassungsfeindlich». Erst als es in den 80er Jahren erneut um die Verteilung von Fragebögen ging, gelang den
Protestierenden vor dem Bundesverfassungsgericht ein im Rückblick gar nicht so überraschender Achtungserfolg. Vor diesem Hintergrund soll beleuchtet werden, inwiefern sich die Ausgangsbedingungen für erfolgreichen Protest heute verändert haben.
Dominik Rigoll ist Zeithistoriker am Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts und am Centre Marc Bloch in Berlin. Er arbeitet momentan zum internationalen Vergleich von Politiken der ‚Inneren Sicherheit’ und zur Vernetzung linker Protestgruppen.