Dienstag, 23. Oktober 2012 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Klassenkampf gegen die Bauern

Die Zwangskollektivierung der ostdeutschen Landwirtschaft und ihre Folgen bis heute

Michael Beleites berichtet in seinem Vortrag über die Zwangskollektivierung der Bauern, die sich heute noch in der Struktur der ostdeutschen Landwirtschaft widerspiegelt. Im Frühjahr 1960 wurde die Kollektivierung in der Landwirtschaft abgeschlossen. Mehr als 19 000 landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, so genannte LPGs, sind gegründet worden. Sie verfügten über mehr als 80 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche. Mit Repressionen und Agitation wurden die Landwirte genötigt, ihre Höfe aufzugeben. Viele entzogen sich dieser Zermürbungstaktik durch Flucht. Das verlassene Land wurde enteignet, ohne die Zustimmung der Besitzer einzuholen, und in die LPGs integriert.
Der Klassenkampf gegen die Bauern stellt bis heute einen wissenschaftlich wie medial kaum beachteten
Aspekt der DDR-Geschichte dar. Vor mehr als 50 Jahren wurde mit Repression und großer Brutalität die Zwangskollektivierung zum Ende geführt. Die fundamentalen Einschnitte in die Agrarstruktur und den ländlichen Raum im ehemaligen Gebiet der DDR haben auch heute noch Bestand und werden noch Generationen fortwirken. 1990 mussten sich die LPGs den neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen.
Die LPG-Betriebe konnten sich teilen, zusammenschließen und in neue Rechtsformen umwandeln. Private Bauern konnten ihren Betrieb wieder einrichten. Vor allem aufgrund fehlender beruflicher Erfahrungen verlief die Wiedereinrichtung oder Existenzgründung landwirtschaftlicher Familienbetriebe zurückhaltend.
Das Hauptproblem, das sich dabei ergibt, ist die landwirtschaftlich genutzte Fläche, die überwiegend an die LPG-Nachfolgeunternehmen verpachtet worden ist. Obwohl kleinere Landwirtschaftsbetriebe mehr Arbeitskräfte je Fläche beschäftigen, begünstigt man mit den flächenbezogenen EU-Agrarsubventionen die Großbetriebe.