Freitag, 06. Oktober 2006 16.00 – 18.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Rettet die Heuschrecken

Über verkürzte Kapitalismuskritik und strukturellen Antisemitismus

Kapitalismus wird wieder attackiert - zu offensichtlich sind die sozialen und ökologischen Verwerfungen, als dass nicht christliche Arbeitnehmer/innen, Gewerkschafter, Ökologiebewegte und radikale Linke Widerspruch anzumelden hätten. <br> <br> Die globalisierungskritische Bewegung ist zum Sammelbecken für dieses Unbehagen geworden - und hat sich im bürgerlichen Feuilleton schon den Antisemitismus- Vorwurf zugezogen. <br> <br> In der Tat: Nicht wenige AktivistInnen üben eine populistische "Kapitalismuskritik", die allein das "unproduktive Finanzkapital" kritisiert. Schlimmer noch die personalisierende Variante derselben Kritik, die den Grund aller Übel im bösen Willen & der Profitgier anonymer Finanzinvestoren zu entdecken glaubt (der bei Globalisierungskritikern beliebte Bové nennt sie "Parasiten" & "gelddürstige Vampire"). Von diesem Ressentiment wiederum ist es nur noch ein kleiner Weg zur Rede vom schaffenden (deutschen) und raffenden (jüdischen) Kapital und der "amerikanischen Ostküste". In der rechtsextrem- antisemitischen Zeitschrift Aula klingt das so: "In keiner Epoche galt so wörtlich wie heute: Geld regiert die Welt. Nicht die Jelzins, Clintons oder Schröders ziehen die Fäden, sondern die großen Banker und Spekulanten: Greenspans, Soros, Beresowskys."<br> <br> Theoretisiert wurde dieses Ressentiment zuerst von Marx´ Lieblingsgegner Proudhon über Silvio Gesell & Rudolf Steiner (beide liefern Regionalwährungen wie Chiemgauer und Sterntaler das theoretische Rüstzeug) bis hin zum Nazi- Wirtschaftstheoretiker Feder, der Proudhons Ruf nach "Brechung der Zinsknechtschaft" in Anknüpfung an Luther biologistisch gegen die Juden wandte. Der Vortrag widmet sich der Analyse dieser "politischen Ökonomie des Antisemitismus" (Kurz); er will klären, wieso eine auf Finanzmärkte verkürzte Kritik der Matrix eines "strukturellen Antisemitismus" angehört und warum die Bekämpfung des Antisemitismus eine grundlegende Transformation der Kapitalismuskritik erfordert<br> <br> mit:<br> <b>Robert Kurz</b><br> freier Publizist, Nürnberg<br>
Veranstalter*in
Petra-Kelly-Stiftung