Online-Lesung
- Donnerstag, 10. Februar 2022 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Selbstbestimmte Elternschaft: Reproduktive Gerechtigkeit als feministische Forderung
In Deutschland und insbesondere in Westdeutschland war Elternschaft in feministischen Diskursen häufig Gegenstand der Abgrenzung. Bis heute gibt der Gleichheitsfeminismus den Ton an und orientiert sich an Männern – ungebunden und durch Frauen von Fürsorge befreit. Durch feministische Kämpfe sollte eine solche Autonomie auch für Frauen erstritten werden. Muttersein schien hier hinderlich. Peu à peu jedoch zieht ein Bedeutungswandel in feministische Debatten und Kämpfe ein, die sich nicht länger gegen Elternschaft richten, sondern vielmehr gegen die Verhältnisse, in denen Elternschaft zur Zumutung wird.
Genau diese Verhältnisse sozialer Ungerechtigkeit und ihre Auswirkungen auf reproduktive Rechte kritisierten Anfang der 1990er Jahre Schwarze Feminist*innen in den USA und forderten reproduktive Gerechtigkeit für alle. Weiße feministische Kämpfe für das Recht auf Abtreibung waren wichtig, aber nicht genug, denn marginalisierten Personen wurde viel zu oft das Recht auf Elternschaft abgesprochen. Einer der Grundsätze der hieraus entstandenen Theorie und Praxis der reproduktiven Gerechtigkeit wurde das Recht auf selbstbestimmte Elternschaft. Doch was braucht es, um in einer rassistischen, ableistischen, klassistischen und queerfeindlichen Welt Kinder zu bekommen und sie unter sicheren und würdevollen Umständen groß zu ziehen? Dabei wird eine Vielfalt von Fragen rund ums Elternsein diskutiert: welche Kinder und vor allem wessen Kinder sind staatlich erwünscht? Wer wird staatlich unterstützt, um Eltern werden zu können? Wessen Kinder haben Chancen materiell sicher aufzuwachsen?
In den letzten Jahren erhält das Konzept der reproduktiven Gerechtigkeit Einzug auch in deutschsprachige feministische Debatten. Das gerade erschienene „Handbuch Feministische Perspektiven auf Elternschaft“ versammelt schlaglichtartig u. a. auch bisher marginalisierte Themenfelder im deutschsprachigen Diskurs, so z. B. Trans Elternschaft, begleitete Elternschaft oder rassismuskritische Perspektiven auf Elternschaft. Die Herausgeberinnen diskutieren an diesem Abend gemeinsam mit drei Autor*innen des Handbuchs über Chancen und Herausforderungen reproduktiver Gerechtigkeit im deutschsprachigen Raum.
Lesung mit:
Yandé Thoen-McGeehan, Susanne Schultz & Taleo Stüwe, Autor*innen des Handbuches „Feministische Perspektiven auf Elternschaft“ sowie Niki
Drakos
Moderation: Lisa Yashodhara Haller und Alicia Schlender, Herausgeber*innen des o.g. Buches
Die Referent*innen:
Niki Drakos, Frauenkreise/Space2Grow, Netzwerk reproduktive Gerechtigkeit Berlin.
Lisa Yashodhara Haller, Dr. rer. pol., Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialforschung (IfS) der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Familienpolitik, Soziale Arbeit als angewandte Sozialpolitik, Sozialwirtschaft und vergleichende Wohlfahrtsstaatsanalysen sowie Paar- und Geschlechterforschung.
Yandé Thoen-McGeehan, M.A., Kinder- und Jugendpsychotherapeutin sowie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich für Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Mutterschaft im Kontext von Migration und Interkulturalität, qualitative Sozialforschung, im Besonderen Tiefenhermeneutik und psychoanalytische Entwicklungspsychologie.
Alicia Schlender, M.A., arbeitet an der Schnittstelle von Feminismus und Familie. Sie forscht zu Vergeschlechtlichung in Co-Elternschaften und anderen nicht-normierten Familienformen. In diesem Bereich ist sie auch freiberuflich tätig und gibt z. B. Workshops zu Mutterschaft und Feminismus oder zu feministischen Kritiken an der Kleinfamilie. Zur Zeit promoviert sie im Lehrbereich Soziologie der Arbeit und Geschlechterverhältnisse an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Susanne Schultz, Dr. habil., Soziologin, PD an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, lehrt derzeit Geschlechterforschung in Graz. Sie ist Teil des Netzwerkes Reproduktive Gerechtigkeit. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Biopolitik, Reproduktionsverhältnisse und die internationale Geschichte von Frauenbewegungen.
Taleo Stüwe, Mediziner*in, Mitarbeiter*in des Gen-ethischen Netzwerk e.V. und Redakteur*in der Fachzeitschrift Gen-ethischer Informationsdienst. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Pränataldiagnostik, Präimplantationsdiagnostik und Reproduktionstechnologien aus intersektional-feministischer Perspektive.
Das neue Online-Dossier „Selbstbestimmte Elternschaft“ bietet einen ersten Einblick in ausgewählte Artikel des Handbuchs.
Fachkontakt:
Derya Binışık
E binisik@boell.de
Projektkoordination:
Julia Hartleb
E hartleb@boell.de
» Online-Teilnahme in ZOOM
Die Zugangsdaten zur Zoom-Veranstaltung erhalten Sie 24 Stunden und erneut 2 Stunden vor der Veranstaltung per E-Mail.
Sie können entweder das Client-Programm oder die App nutzen. Mit den Browsern Chrome und Edge können Sie direkt über den Zugangslink teilnehmen. Weitere Information zur Handhabung von Zoom finden Sie hier.
Bitte achten Sie darauf, dass Sie die neueste Version von Zoom verwenden, damit Sie über die nötigen Einstellungen verfügen. Bei Veranstaltungen mit Publikumsbeteiligung benötigen Sie ein Mikrofon und ggf. eine Kamera.
Für die Verwendung der Software Zoom übernimmt die Heinrich-Böll-Stiftung keine Haftung. Die geltenden Datenschutzrichtlinien von Zoom finden Sie hier.
- Adresse
-
▶ Online-Veranstaltung
- Veranstalter*in
- Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie
- Rechtliches
- Allgemeine Geschäftsbedingungen
- Sprache
- Deutsch