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Film und Gespräch

Samstag, 14. April 2018 18.00 – 22.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Film und Gespräch

The Streets Are Not Enough!

How To Resist On Screen

The Streets Are Not Enough! How To Resist On Screen
Podiumsdiskussion

Um darüber sprechen zu können, an welchen Orten und auf welche Weisen wir mit filmkünstlerischen Positionen Hierarchien aufbrechen und Ungerechtigkeiten entgegentreten, muss der diesjährige Podiumstitel The Streets Are Not Enough! How To Resist On Screen zusätzlich umgekehrt werden. Denn einzig Straßen und Räume sind für die Artikulation von Protest nicht genug. Ebenso wenig funktionieren audiovisuelle Werke widerständigen Denkens losgelöst von bestimmten Orten der Rezeption oder deren gezielten Einbettung in öffentliche Diskurse. Es sollte also gleichermaßen gelten: Just Films Are Not Enough!

Nicht zuletzt sind Filme selbst ebenfalls Orte der Imagination, Erfahrung und Auseinandersetzung, deren Herstellungsbedingungen, formale Ästhetiken und Intentionen maßgeblich mit Räumen und Strukturen zusammenhängen, die FilmemacherInnen beim Arbeiten vorfinden, die sie einfordern und im besten Fall auch mitgestalten. In filmischen Narrativen werden zentrale Themen gesellschaftlichen Zusammenlebens wie Rassismus, Identität, Ausgrenzung und Teilhabe konstruiert, verhandelt und in Beziehung gesetzt. Ist dabei die Zielsetzung nicht stets einen unausgesprochenen Scheinkonsens fortzubeten oder fundamentale Ungerechtigkeiten auszuklammern oder schönzureden, müssen die genannten Aspekte divers gedacht, unangenehm perspektiviert und widerständig in Szene gesetzt werden. Wir als Filmfestival stellen uns die Frage, wie eine Gesellschaft, ein Festival, Kollektiv oder Ausstellungsraum dazu beitragen kann, involvierende Kunst angemessen zu präsentieren und zu fördern? Welche Machtstrukturen begünstigen Verbote und Verfolgung? Welches Spannungsverhältnis besteht zwischen etablierten Produktions- und Distributionswegen und davon unabhängigen Formen? Was kann wo, wie erzählt, gezeigt, angegriffen werden? Wann wird ein Bild zum Gegenbild? Wie sehen Gegenbilder aus und: Gibt es so etwas überhaupt?

Darüber unterhalten sich auf unserem Podium in der Schaubühne Lindenfels Angelika Nguyen (Filmwissenschaftlerin und Kritikerin), Julia Lazarus (Filmemacherin und Kuratorin) und Filipa César (Künstlerin und Filmemacherin) in einem ca. 90-minütigen Gespräch, moderiert von Claus Löser (Autor und Kurator). Gespräch in deutsch.

Angelika Nguyen, Jahrgang 1961, studierte an der HFF in Potsdam- Babelsberg Filmwissenschaft, arbeitet als Filmjournalistin, Referentin und Aktivistin. Thematische Schwerpunkte: filmische Darstellung von Minderheiten, Ausgrenzung und Rassismus; Darstellung „wahrer Begebenheiten“ in filmischen Erzählungen; Film als politische Reflektion seiner Zeit; Widerstand gegen Mehrheitsgesellschaft im Film; Erzählstrategien in Dokumentar- und Spielfilm.

Julia Lazarus ist Künstlerin, Kuratorin und Filmemacherin und lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte an der Universität der Künste Berlin und am California Institute of the Arts in Los Angeles, USA. Ihre Filme sind im Vertrieb bei Sixpackfilm Wien und bei e-flux, Berlin/New York. Ausstellung und Screenings u.a.: Depo Istanbul, District Berlin, IG Bildende Kunst Wien, Galerie Funke Berlin, Schwules Museum Berlin, Manifesta Murcia, NGBK Berlin. www.julialazarus.com

Filipa César, Künstlerin und Filmemacherin, lebt seit 2001 in Berlin. Ihre Filmische Arbeiten stellen performative Räume zur Verfügung, in die sich subjektives Wissen und Gegenerzählungen einschreiben können. 2011 initiierte Filipa César das Recherche-Projekt „Luta ca caba inda“ mit dem sie uunter anderem an „Living Archive“ und „Visionary Archive“ beim Arsenal – Institut für Film und Videokunst beteiligt war. César prämierte ihren ersten feature-length Dokumentarfilm SPELL REEL im Forum der Berlinale 2017. Screenings ihrer Filme u.a. in: Kurzfilmtage Oberhausen, International Film Festival Rotterdam, DocLisboa, Istanbul Biennial, Tate Modern London, São Paulo Biennale, Jeu de Paume Paris, mumok Vienna, MoMA New York, Sonic Acts Amsterdam.

14. April, 18 Uhr
Schaubühne Lindenfels
Der Eintritt ist frei.

Anschließend

SPELL REEL
D/PT/F/GNB 2017, DOK, R: Filipa César, OmeU, 96', DCP

Die Anfangssequenz, Bild im Bild: Auf dem Kopf stehendes, deutlich in Mitleidenschaft gezogenes Filmmaterial eines Waldgebietes. Parallel erscheint ein Schriftzug, der die zu sehenden Menschen als UnabhängigkeitskämpferInnen enthüllt. Die analogen Aufnahmen werden vorübergehend von Digitalbildern ersetzt, diese verdrängen die analogen jedoch nie vollends – durch die phasische Überlagerung der verschiedenen Materialien wird sukzessive ein Nebeneinander arrangiert. Cesar verknüpft auf diese Weise Archivaufnahmen aus der Zeit des Befreiungskrieges in Guinea-Bissau (1963-74), gefilmt von Guerillakämpfern Sana na N’Hada und Flora Gomes, mit Aufzeichnungen jüngerer Geschichte. Changierend zwischen Vergangenheit und Gegenwart inszeniert die Regisseurin Narrative, die sich permanent im Prozess befindend. Initiiert durch das Projekt „Visionary Archives“ des Arsenal Berlin ist SPELL REEL ein Rechercheprojekt, dass durch Reinszenierung von kurz vor dem Verfall stehendem filmischen Material zumindest fragmentarisch einen Teil der Geschichte des guinea-bissauischen Unabhängigkeitskampfes dokumentiert.

In Anwesenheit von Filipa César.

14. April, 20 Uhr
Schaubühne Lindenfels
Eintritt € 6,5 (5,5 erm.)

Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit GEGENKino und findet im Rahmen des Festivals GEGENKino 2018 statt.
Mehr Informationen: gegenkino.de
und Facebook

THE STREETS ARE NOT ENOUGH! HOW TO RESIST ON SCREEN
Panel discussion with Filipa César, Julia Lazarus, Angelika Nguyen & Claus Löser

Being able to talk about where and in what ways we use cinematic positions to break up hierarchies and confront injustices, this year's podium title The Streets Are Not Enough! How To Resist On Screen has to be reversed additionally. Only streets and spaces are not enough for the articulation of protest. Nor do audiovisual works of resistant thought operate detached from certain places of reception or their deliberate embedding in public discourses. Similarly, it shall be applied: Just Films Are Not Enough!

Not least beacause films themselves are also loci of imagination, experience and debate, whose conditions of production, formal aesthetics and intentions significantly relate to spaces and structures that filmmakers come upon at work, that they demand and help to shape in the best case. In cinematic narratives, central topics of social coexistence such as racism, identity, exclusion and participation are constructed, negotiated and correlated to one another. If the objective at it is not to continually lead people in an unspoken pseudo-consensus nor to exclude or whitewash fundamental injustices, the mentioned aspects have to be opined diversely, put into unpleasant perspectives and staged resistantly. As a film festival, we ask ourselves how a society, a festival, collective or exhibition space can contribute to present and promote art that intervenes adequately. Which power structures promote prohibitions and persecution? What kind of tension exists between established channels of production and distribution and independent forms? What can be told where, how can it be told, shown and attacked? When does a picture become a counter-image? What do counter-images look like and is there such a thing anyway?

These are topics and questions that will frame our panel discussion in Schaubühne Lindenfels, where Angelika Nguyen (film scholar and critic), Julia Lazarus (filmmaker and curator) and Filipa César (artist and filmmaker) will debate for approximately 90 minutes, moderated by Claus Löser (author and curator). Discussion in German.

 

SPELL REEL
GER/PT/F/GNB 2017, DOC, D: Filipa César, OV with English subtitles, 96', DCP

Establishing shot, picture in picture: notably affected film footage is showing a forest area, with the picture satnding upside down. Parallel to that, a lettering appears, reveals the people that can be seen as independence fighters. The analogue images are temporarily replaced by digital ones, the latter never suppress the others completely – through superimposing the disparate materials phasically, they are gradually juxtaposed. Thus, César combines archival footage from the times of the liberation war in Guinea-Bissau (1963-1974), filmed by guerrilla fighters Sana na N’Hada and Flora Gomes, with recordings of more recent historical events. Shifting between past and present, the director stages narratives permanently in process. Initiated by Arsenal Berlin's Visionary Archives-project, SPELL REEL is a research project, which fragmentally tries to document parts of the Guinea-Bissau struggle for independence through the re-enactment of cinematic material about to decay.

Filipa César will be present.

14 April, 8 pm
Schaubühne Lindenfels
€ 6,5 (5,5 red.)

Adresse
▶ Siehe Veranstaltungsbeschreibung
Veranstalter*in
Landesstiftung Sachsen (Weiterdenken)
Sprache
Deutsch
Englisch