- Dienstag, 26. September 2006 19.00 Uhr – Montag, 26. Juni 2006, 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Tibet - ein `integraler Bestandteil` der VR China?
Bis auf den heutigen Tag wird dem
tibetischen Volk das Recht auf
Selbstbestimmung von der VR China
vorenthalten. Tibet wurde 1949/1950 von der
chinesischen Volksbefreiungsarmee erobert
und in den folgenden Jahrzehnten gegen den
heftigen Widerstand der tibetischen
Bevölkerung als "integraler Bestandteil" in
das kommunistische Großreich eingegliedert.
Nach der Niederschlagung des Aufstands
gegen die chinesische Besatzungsmacht im
Frühjahr 1959 flohen über 100.000 Tibeter,
unter ihnen der Dalai Lama, ins Exil, vor
allem nach Indien. Dort existiert eine
tibetische Exilregierung, die allerdings
von keinem Staat auf der Erde anerkannt
worden ist. Nach der Periode der mit Gewalt
betriebenen Zwangassimilation nach dem
Volksaufstand von 1959, die über eine
Million Tote zur Folge hatte, wurde die
Politik gegenüber Tibet - wie auch
gegenüber anderen "nationalen Minderheiten"
in China - gelockert und das System der
"nationalen Gebietsautonomie" wieder
eingeführt. Aber alle Rechte und
Freiheiten, die die Tibeter heute genießen,
befinden sich im von der Zentralregierung
abgesteckten Rahmen. Die politische,
administrative, kulturelle und vor allem
militärische Macht liegt ausschließlich in
der VR China. Politische Unterdrückung und
Menschenrechtsverletzungen in Tibet sind
gang und gebe. Für die VR China gibt es
kein Tibet-Problem, denn ihrer Auffassung
nach besteht dieses lediglich in den
"spalterischen" Aktivitäten des Dalai Lama,
des von allen Tibetern bis heute
anerkannten religiösen und weltlichen
Oberhauptes. Die chinesische Regierung hat
seit Mitte der 90er Jahre ohne großen
Erfolg versucht, den religiösen Einfluss
des Dalai Lama zurückzudrängen.<br>
<br>
Die Tibet-Frage hat mehrere Aspekte, im
Kern geht es um die Herrschaft über das
Territorium, aber es geht auch um die
Interpretation der Geschichte, sie weist
religiöse und kulturelle Dimensionen auf.
Und sie betrifft ein Gebiet, das schon
heute durch die chinesische
Wirtschaftspolitik ökologisch schwer
beeinträchtigt worden ist. Zu befürchten
ist, dass in dem "Spiel" globaler Macht-
und Interessenspolitik - China stellt einen
großen und dynamischen Wirtschaftsraum dar
- Tibet und die Tibeter geopfert werden
könnten. Die in den letzten Jahren
gegenüber China praktizierte Politik des
"Wandels durch Handel" scheint nicht nur
nicht funktioniert zu haben, im Gegenteil:
Sie scheint eher zu Anpassungen westlicher
Firmen an das chinesische System geführt zu
haben, wie beispielsweise die Kooperation
der US-amerikanischen Internetfirma Yahoo
mit den chinesischen
Strafverfolgungsbehörden belegt.<br>
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Es stellt sich die Frage, welche
Möglichkeiten die deutsche bzw. die
europäische Politik überhaupt haben, um in
der Tibet-Frage im Sinne der
(Wieder-)Herstellung des
Selbstbestimmungsrechts der Tibeter
einzuwirken? Und werden sich vor allem die
jungen Tibeter in Tibet und im Exil
langfristig gedulden oder eher radikalere
Aktionen befürworten? Welche Möglichkeiten
ergeben sich aus den Umstrukturierungen der
chinesischen Gesellschaft, die zum Beispiel
ein wachsendes Interesse an Religion unter
der Bevölkerung hervorgerufen hat?<br>
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mit:<br>
<br>
<b>Helmut Forster-Latsch</b><br>
Sinologe, Übersetzer, Autor, Frankfurt a. M<br>
<br>
<b>Tsewang Norbu</b><br>
Redaktionskoordinator "Tibet-Forum", Berlin<br>
<br>
Moderation:<br>
<b>Klemens Ludwig</b><br>
Freier Journalist, Tübingen<br>
- Veranstalter*in
- Landesstiftung Hessen