Lesung und Gespräch

Donnerstag, 13. Oktober 2016 19.00 – 21.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Lesung und Gespräch

Umgeben von Hass und Mitgefühl

Jüdische Autonomie in Polen nach der Shoah 1945-1949 und die Hintergründe ihres Scheiterns

Lesung von Gabriel Berger
Moderation: Beate Kosmala

Gabriel Berger geht in seinem Buch einem bisher kaum beachteten Thema nach. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, von 1945 bis 1949, wurde der Versuch unternommen, im polnischen Niederschlesien neben Polen auch Juden, Überlebende des Holocaust, gezielt anzusiedeln. In der von den Deutschen weitgehend verlassenen Region entstand für kurze Zeit eine „jüdische Republik“ mit eigener Selbstverwaltung, eigenen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Strukturen und Jiddisch als Verkehrssprache. Der von Jakob Egit und seinen Mitstreitern konzipierte „jiddische Jischuv“ sollte eine Alternative zum zionistischen Projekt der Ansiedlung von Juden in Palästina werden. Das von der neuen kommunistischen Staatsmacht Polens zunächst unterstützte Projekt einer weitgehenden kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Autonomie von Juden in Niederschlesien war trotz aller Widrigkeiten sehr erfolgreich. Es scheiterte aber an der durch pogromartige antisemitische Ausschreitungen ausgelösten panikartigen Flucht von Juden aus Polen, an der kommunistischen Gleichschaltung der Gesellschaft, dem antisemitisch aufgeladenen polnischen Nationalismus sowie an der durch Stalin initiierten antisemitischen Welle im gesamten Ostblock.
Die Geschehnisse in Polen nach dem Krieg sind nur vor dem Hintergrund der antisemitischen Stimmung im Vorkriegspolen und der Kollaboration vieler Polen mit den deutschen Besatzern während des Krieges zu verstehen. Weit verbreitet war aktive Mittäterschaft beim Eintreiben und Töten von Juden sowie ein Gefühl der Erleichterung, die Deutschen hätten den Polen die Lösung des lästigen „jüdischen Problems“ abgenommen. Tausende polnische Judenretter lebten in ständiger Gefahr, von ihren polnischen Nachbarn an deutsche Besatzer verraten oder ausgeliefert zu werden, was sowohl für die versteckten Juden als auch für ihre mitfühlenden Retter den sicheren Tod bedeutete.

Gabriel Berger liest Passagen aus seinem Buch. Im Anschluss gibt es ein Gespräch mit dem Autor, moderiert von Beate Kosmala.

Die Veranstaltung findet im Rathaus Schöneberg, Goldener Saal statt.

Die Veranstaltung wird realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.

Adresse
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Veranstalter*in
Landesstiftung Berlin (Bildungswerk)
Teilnahmegebühren
freier Eintritt