Vortrag
- Dienstag, 05. Mai 2015 20.00 – 22.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Von Beschleunigungen und Entfremdungen
Reihe: Das Unbehagen in der Kultur im Spätkapitalismus
Selbst die "Modern Times" von Charlie Chaplin wirken heute recht gemütlich, wo alles noch viel schneller produziert, zirkuliert, transformiert, konsumiert und dann wieder vergessen wird. Denn im Zentrum von Chaplins Moderne steht allein die Fabrik. Hartmut Rosa hat mit seiner jüngsten Studie ("Beschleunigung und Entfremdung") eine Kritische Theorie spätmoderner Zeiterfahrung vorgelegt, die von Einzelbeobachtungen ausgeht, aber darüber hinaus einen neuen, für unsere Jetzt-Zeit charakteristischen Zeitmodus analysiert.
"Entfremdung" – eine der klassischen frühmarxistischen Kategorien - ist nicht allein in arbeitsweltlichen Zusammenhängen zu beobachten, sondern mehr und mehr in allen alltäglichen Vollzügen unseres Lebens. Die Thesen des Buches, die für eine Politik der Entschleunigung bedeutsam sind, werden vorgestellt und unter Einbeziehung von Erfahrungen der Gäste diskutiert.
Vortrag und Diskussion mit Dr. Wolfgang Lenk
Die Veranstaltung ist kostenfrei.
Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Infos im Bildungswerk: Birgit Guth, guth@bildungswerk-boell.de
Die Veranstaltung wird realisiert mit Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.
Allgemeine Hinweise zur Reihe: "Das Unbehagen in der Kultur des Spätkapitalismus":
Sigmund Freud analysierte in seinem Klassiker "Das Unbehagen in der Kultur" einen anthropologischen Konflikt zwischen den menschlichen Triebstrukturen und den Verhaltenszumutungen gesellschaftlicher Ordnungen. Sein berühmtes Buch, 1930 erschienen, war auch ein Dokument der genauen Beobachtung seiner Zeit. Im damaligen Europa zeichneten sich deutlich die Gefahren von Krieg, weiteren Diktaturen und autoritär sozialisierten, unterwerfungsbereiten Massen ab.
Aus drei Quellen des Leidens drohen dem menschlichen Lustprinzip durch die jeweilige Kultur (im weiteren Sinne von Zivilisation und Herrschaft) Einschränkungen nach Freud: 1. aus dem eigenen Körper, der von Alterung und Krankheiten geschwächt wird, 2. aus den gesellschaftlichen Machtverhältissen, insbesondere Ökonomie, Politik und Krieg, 3. aus den Beziehungen zu anderen Menschen (im weiteren Sinne von Privatheit und Vergemeinschaftung).
Ohne Frage haben die von Freud theoretisch entwickelten Spannungen zwischen menschlichem Begehren, Selbstbildern und sozialen Ordnungen heute eine veränderte historische Gestalt angenommen - und sie werden in den heutigen philosophischen und humanwissenschaftlichen Diskursen auch mit sehr unterschiedlichen Theorieansätzen beschrieben. Die gegenwärtige kulturelle Symptomatologie des Spätkapitalismus bietet eine Menge Rohstoff für die drei Freudschen Quellen des Unbehagens in unserer Zeit. Machtsysteme und Medienkulturen erzeugen fortlaufend neue Bilder und Konzepte des Körpers, der Gesellschaft und des privaten Lebens.
Die Vortragsreihe geht von Freuds Erkenntnismotiv aus (woher speist sich das Unbehagen in der Kultur?), stellt aber neue Bücher mit klugen und relevanten Analysen der Jetztzeit vor. Sie greift das gewachsene Aufklärungsinteresse, das in der Gesellschaft existiert, auf. So geht es bei der Veranstaltung im Kern um die Vermittlung von solidem Wissen über bedeutende Diagnosen unserer Zeit in der Form von einführenden und verständlichen Vorträgen mit anschließender Diskussion.
- Adresse
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Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung
Sebastianstr. 21
10179 Berlin
- Veranstalter/in
- Landesstiftung Berlin (Bildungswerk)
- Teilnahmegebühren
- kostenfrei