Freitag, 01. Februar 2013 09.30 – 17.00 Uhr In meinem Kalender speichern

Wer schützt die Verfassung?

Demokratie und die Zukunft des Verfassungsschutzes

Anmeldeschluss verlängert bis zum 25. Januar - noch etwa 25 TN-Plätze frei.

Mit der Tagung werden wir uns den Perspektiven einer Behörde widmen, um die sich sehr grundsätzliche, aber aktuell auch sehr konkrete Diskussionen um «Extremismus», Demokratieverständnis und Ausformungen demokratischen Handelns in Sachsen und in Deutschland gruppieren. Der Verfassungsschutz ist in der Bundesrepublik geschaffen worden, um «unsere Demokratie mit einem umfassenden Schutzsystem effektiv gegen Verfassungsfeinde wachsam abzusichern» (vgl. Selbstdarstellung LfV Sachsen). Dabei setzt die Behörde nachrichtendienstliche Methoden ein, um «verborgene Absichten» der Feinde der Demokratie «frühzeitig» zu erkennen. Schon lange gibt es eine prinzipielle Kritik und die Frage, ob nicht ein Inlandgeheimdienst einer liberalen, menschenrechtsorientierten und gefestigten Demokratie zuwider läuft und mittelfristig abgeschafft werden muss. Die Versäumnisse und Pannen der Verfassungsschutzämter, aktuell sichtbar geworden durch die Entdeckung der neonazistischen Terrorgruppe «NSU» haben die Debatten um die Notwendigkeit der Behörde neu entfacht. Im Vordergrund steht dabei das Versagen des Verfassungsschutzes bei der Einschätzung rechtsterroristischer Gefahren und bei der Verfolgung des sogenannten NSU, aber auch die Finanzierung neonazistischer Gruppen mittels öffentlicher Mittel via V-Leute. Es scheint sich zu zeigen, dass seitens der Behörde der Schutz von V-Leuten in der neonazistischen Szene höhere Priorität hatte, als die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten. Mit Entsetzen muss festgestellt werden, dass die Verfassungsschutzämter nicht willens oder nicht in der Lage sind, transparent und nachvollziehbar zu arbeiten und sich der Kontrolle durch die Parlamente zu unterwerfen. Kritisiert werden sollen auch eine kategoriale Grundlage der Arbeit dieser Behörden: Der Extremismusansatz, der ganz offensichtlich nicht geeignet ist, Gefahren für die Demokratie zu beschreiben, sondern im Gegenteil selber zur Gefahr für sie geworden ist. Und deutlich wird aber auch einmal mehr die Frage, ob geheimdienstliche Mittel überhaupt sinnvoll und notwendig sind, Demokratie gefährdende Tendenzen in der Gesellschaft zu ermitteln. Grundsätzlich muss vor diesem Hintergrund und dem gesetzlichen Rahmen des VS auch gefragt werden, woher die Behörde ihren Bildungsauftrag in Schulen und Jugendeinrichtungen ableitet. Die Konsequenzen aus diesen kritischen Sichtweisen schwanken zwischen Reformen und Abschaffung der Ämter.
In unserer Tagung wollen wir - ausgehend von einer Beschäftigung mit Aufgaben, Strukturen, Kontrolle,  möglichen Erfolgen und offensichtlichen Misserfolgen des Verfassungsschutzes aus bundesdeutscher und sächsischer Perspektive diese Aspekte mit Expert_innen und Politiker_innen diskutieren. Kritisch werden in Panels und Workshops die Bildungsarbeit und die parlamentarische Kontrolle der Verfassungsschutzämter beleuchtet und die ersten Zwischenergebnisse der parlamentarischen NSU-Untersuchungsausschüsse diskutiert.
Dabei sollen Fragen zu Demokratieverständis und Extremismus-Ansatz ins Verhältnis zu Rollen und Aufgaben des Verfassungsschutzes gesetzt werden. Wir wollen die neuen Datenregister zwischen Polizei und Geheimdienst beleuchten und Alternativen diskutieren. Wir wollen am Ende der Tagung ein klareres Bild über neue Strukturen zum Monitoring Demokratie gefährdender Tendenzen und Gruppen haben.

Veranstalter*in
Landesstiftung Sachsen (Weiterdenken)
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