- Mittwoch, 08. November 2006 17.00 – 19.00 Uhr In meinem Kalender speichern
Wie ich den Holocaust in des Teufels Werkstatt überlebte
Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Die Geldfälscherwerkstatt der Nazis im KZ
Sachsenhausen – Zeitzeugengespräch mit dem
heute in Prag lebenden Adolf Burger.
Adolf Burger, 1917 als Kind jüdischer
Eltern in der Slowakei geboren, schloss
sich früh der kommunistischen Bewegung an.
Im August 1942 wurde er gemeinsam mit
seiner Frau verhaftet und mit vielen
anderen jüdischen Gefangenen nach Auschwitz
deportiert. Adolf Burgers Frau wurde in
Birkenau ermordet. Mutter und Vater kamen
aus Ravensbrück und Sachsenhausen nicht
zurück. Adolf Burger selbst, bei einer
Selektion ebenfalls für den Tod im Gas
vorgesehen, entging diesem Schicksal durch
glückliche Umstände.
Nach 18 Monaten in Auschwitz wurde Burger
aufgrund seiner Ausbildung als Buchdrucker
und Setzer in das Konzentrationslager
Sachsenhausen bei Berlin verlegt. Auf
Anforderung der SS wurde er zu einer
Geldfälscherkolonne eingeteilt, die
ausländische Währungen, Pässe und
Briefmarken fälschen musste. Das
Falschgeld, vor allem britische Pfundnoten
in einer Qualität, dass selbst Spezialisten
in der Schweiz sie nicht von echten
Pfundnoten unterscheiden konnten, wurde von
der SS zur Goldbeschaffung auf den
internationalen Märkten, zur
Destabilisierung der englischen Währung und
zur Bezahlung des internationalen
Agentennetzes verwendet. Eine massenhafte
Produktion von falschen amerikanischen
Dollars kam nicht mehr zustande, weil es
den zum Fälschen gezwungenen jüdischen
Typographen, Malern, Setzern und
Bankbeamten eine gewisse Zeit gelang,
SS-Sturmbannführer Bernhard Krüger mit
»erheblichen technischen Schwierigkeiten«
hinzuhalten. Schließlich musste das
»Unternehmen Bernhard«, der Vorname Krügers
wurde als Tarnname für die besondere
Abteilung in Sachsenhausen benutzt, dank
des Vormarsches der Roten Armee und dem
nahenden Kriegsende immer weiter nach Süden
ausweichen.
Die 144 Häftlinge der Blöcke 18 und 19, die
stets völlig isoliert von allen anderen
Häftlingen im KZ Sachsenhausen ihrer
geheimen Tätigkeit nachgehen mussten,
hatten die feste Gewissheit, dass die Nazis
am Ende alle Zeugen dieses Unternehmens
beseitigen würden. Mit dieser Gewissheit
wurden sie in den Wirren des untergehenden
Nazi-Reiches mit all der technischen
Ausrüstung ins KZ Mauthausen verlegt. Ihre
letzte Station war das KZ Ebensee, wo 135
von ihnen zusammen mit etwa 12 000 anderen
KZ-Häftlingen am 5. Mai 1945 die Befreiung
durch amerikanische Truppen erlebten.
Millionen des gefälschten Geldes wurden von
den Nazis im Toplitzsee im Salzkammergut
versenkt.
Adolf Burger kehrte nach Kriegsende heim
ins slowakische Poprad, wo er von der
Ermordung seiner Angehörigen erfuhr. Heute
lebt Adolf Burger in Prag. Er ist einer der
letzten Zeitzeugen dieser makabersten
Geldfälscheraktion. Seine Vortragsreisen
begreift er als seinen Beitrag gegen das
Vergessen und Verdrängen des dunkelsten
Kapitels deutscher Geschichte.
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