Tagung
- Freitag, 20. Oktober 2023 10.00 – 18.30 Uhr In meinem Kalender speichern
Das Gerücht über die Anderen #2 - Von Arbeit und Nicht-Arbeit
Herbstschule mit Vortrag, Workshops und Exkursion
Anschließend an die Herbstschule letztes Jahr findet erneut eine Herbstschule statt. Unter gleichnamigen Titel standen 2022 die Themen Antisemitismus, Antiromaismus, der Rassismus gegenüber Rom*nja und Sint*ezze und Sozialchauvinismus im Mittelpunkt. Dieses Jahr soll es verstärkt um die kritische Auseinandersetzung mit der Arbeitsgesellschaft gehen. In unterschiedlichen Formaten und Zugängen untersucht die Herbstschule Arbeit und Nicht-Arbeit. Welche Ressentiments produzierte und produziert die Arbeitsgesellschaft bis hin zu Vernichtungsfantasien und welche Personengruppen waren und sind dem ausgeliefert? Denn in Vergangenheit und Gegenwart wurde und wird die Soziale Frage in Deutschland repressiv ausgelegt und gesellschaftliche Auswirkungen wie Armut, Arbeitslosigkeit und Erkrankungen wird mit Disziplinierung, Ausgrenzung und Arbeitszwang begegnet.
9:30 Uhr: Ankommen
Anmeldung, Ausgabe der Tagungsmappen
10:00 Uhr: Begrüßung
Dr. Gunda Ulbricht (HATiKVA e.V.), Kathrin Krahl (Fachnetzwerk Antiziganismus/Antiromaismus Sachsen bei Weiterdenken)
10:30 Uhr: Input von Dr. Felix Axster (Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin)
Der wissenschaftliche Rassismus in Deutschland setzt mit einem Arbeitsappell ein: Wer weniger leistet, hat weniger Rechte. Der Appell stammt von dem Philosophen Christoph Meiners, der um 1800 in Göttingen wirkte, und der sich gleichermaßen mit der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei wie der Emanzipation von Juden*Jüdinnen auseinandersetzte. Das heißt, der Arbeitsappell richtete sich auch und vor allem gegen die Ansprüche und Teilhabe von Schwarzen Sklav*innen und Juden*Jüdinnen. Ausgehend von Meiners wird der Vortrag nach den historischen (und gegenwärtigen) Verschränkungen zwischen Rassismus und Antisemitismus insbesondere mit Blick auf den Leistungsimperativ fragen. Dabei wird auch die jeweilige Spezifik der Ausgrenzungsformen zur Sprache kommen.
11:30 Uhr: Mittagessen
12:30 - 15:00 Uhr: Workshopphase
WS 1
Antisemitismus als Erfahrung
Winnie Mampe und N.N. (OFEK e.V. - Beratungsstelle für Betroffene von antisemitischer Gewalt und Diskriminierung)
Antisemitismus tritt als gesamtgesellschaftliches Problem in diversen Sozialräumen auf, so auch im Kontext von Lohnarbeitsverhältnissen auf. Dabei überlagern gewaltförmige Aggressionen gegen Juden_Jüdinnen zunehmend subtilere Formen. Gleichwohl folgen auf antisemitische Handlungen oftmals Bagatellisierungen von Seiten der nichtjüdischen Mehrheit und Interventionen bleiben häufig aus. Auch in Bezug auf die Relevanz des Themas besteht eine Perspektivendivergenz (Antisemitismusbericht 2017) zwischen den Wahrnehmungen jener, die von Antisemitismus betroffen sind, und denjenigen, die es nicht sind. Der Workshop thematisiert Antisemitismus als Phänomen und Erfahrung und zeigt grundlegende Interventionsstrategien auf.
WS 2
„lieber allen Beschwerlichkeiten und Entbehrungen [...] sich unterziehen, als der geordneten Einförmigkeit der bürgerlichen Zustände“?
Alexander Rode und Kathrin Krahl (Fachnetzwerk Antiziganismus/Antiromaismus Sachsen)
Text- und Quellenworkshop zur historischen Kontinuität des Stigma des Nichtarbeitens - Illegitime Erwerbsstrategien im Spiegel polizeilicher Berichterstattung: Wahrsagen, Betteln und andere
Seit Jahrhunderten identifizieren antiromaistische Ressentiments in den Roma und Sinti hauptsächlich Menschen, die keiner ›ehrlicher Arbeit‹ nachgängen, die „von Natur aus“ faul seien oder sich bewusst jeder geregelten Arbeit entziehen würden. Was hat das mit dem Kapitalismus und der Arbeitsgesellschaft zu tun? Der Workshop skizziert die Geschichte des Arbeitsbegriffs und untersucht anhand von Quellen die Verschränkung von ethnischer Zuschreibung, sozialer Position und Repression. Anschließend werden wir die Arbeitsgesellschaft und die aus ihr erwachsenen Projektionen erarbeiten und ihre Fortführung bis in die Gegenwart diskutieren.
WS 3
Die Arbeit der Armen. Leistungsgesellschaft als Abwertungsprinzip
Dr. Katharina Lenski (Netzwerk „Stigma Asozialität“)
„Arbeit“ avancierte im 19. Jahrhundert zum Schlüsselwort der Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Mit dem Voranschreiten der Arbeitsteilung unterschied man in produktive und unproduktive Arbeit. Gegenbegriffe wurden geprägt, die jene ins soziale Abseits stellen, die sich scheinbar nicht in den normierten Arbeitsfluss einfügen. Mit dem Begriff der Leistungsgesellschaft entstand im Kaiserreich die Gruppe der angeblich Leistungsschwachen, Müßiggänger und „Asozialen“, die zu sanktionieren waren. Die tradierte Sprachregelungen aktualisieren sich bis heute und nehmen ressourcenschwache Menschen für ihre prekäre Lage in alleinige Verantwortung. Das wirft die Frage nach den gesellschaftlichen Kontinuitäten auf, die sich hinter scheinbar unverdächtigen Floskeln verbergen.
15:00 Uhr: Kaffeepause
15:30 – 18:00 Uhr: Exkursion
1. Station
Ungleichwertige Zuwanderung
Bautzner Str. 2, „Sekretariat der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ - ab 1945 Anlaufstelle für die Verfolgten in sozialen Fragen
mit Johanna Stoll (Jüdische Gemeinde Dresden und HATiKVA e.V.)
2. Station
„Am Tag verdiene ich so 20 bis 25 Euro, wenn ich 30 habe ist das schon sehr gut.“
Betteln und die BettelLobby
Albertplatz am Springbrunnen Stürmische Wogen
mit Tim Greipel (BettelLobby Dresden)
3. Station
Die Verdrängung aus Beruf und Alltag endet im Mord - Das Leben und Leiden des Musikers Brüno Rose und seines Sohnes Harry Rose
Fontänenbrunnen am Palaisplatz
mit Anne Klopfer (RomaRespekt und Fachnetzwerk Antiromaismus)
4. Station
"Wir suchen noch immer nach einer einzigen Firma, die keine Zwangsarbeiter beschäftigt hat." - Jüdische Zwangsarbeit in der Kartonagenfabrik Adolf Bauer
Königsufer/Elbkino
mit Heike Ehrlich (audioscript.net)
5. Station
Wer darf arbeiten, wer nicht? Asyl und Arbeit in der Gegenwart
Katharinenstraße
mit Jörg Eichler (Projekt QuBe (Qualifizierung und Beratung), Fachberatungs- und Koordinierungsstelle Asyl/Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. / Saxon Refugee Council)
18:00 Uhr: Ausklang bei Essen und Getränken mit Kurzfilmprogramm
kosmotique, Martin-Luther-Straße 13
Ort: Goethe Institut Dresden, Königsbrücker Str. 84
Außerdem wird die Ausstellung „Endlich wird die Arbeit knapp“ gezeigt.
Wir wollen nicht nur Input bieten, sondern auch die Möglichkeit sich zu vernetzen. Du/Sie bist/sind daher herzlich eingeladen Flyer mitzubringen. Außerdem wird es eine Kontaktwand geben, auf die Visitenkarten gepinnt werden können. Bringt/Bringen Sie also auch ausreichend Visitenkarten mit.
Eine Kooperation zwischen dem Fachnetzwerk Antiromaismus bei Weiterdenken - Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, HATiKVA – Die Hoffnung Bildungs- und Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur Sachsen e.V. und dem Goethe Institut Dresden.
Du möchstest/Sie möchten oder müssen Ihr Kind mitbringen, dann melden Sie sich gerne.
Unterstützt durch das Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“, die „Stiftung der Ostsächsischen Sparkasse Dresden“ und ´Gibt´s doch gar nicht...´ - Sensibilisierung für antisemitische Einstellungen und Diskriminierung in der Gegenwart ein Modellprojekt von HATiKVA e.V. bei „Demokratie leben!“ und den Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung.
- Adresse
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▶ Siehe Veranstaltungsbeschreibung
- Veranstalter*in
- Landesstiftung Sachsen (Weiterdenken)